Tag der offenen Tür:Quantensprung für die Bewohner

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Der barrierefreie Neubau des Hermann-Altmann-Hauses in Sünzhausen ist fertig: 24 Menschen mit Behinderung können im August ihre Zimmer beziehen

Von Gudrun Regelein, Freising

Noch wohnt niemand hier, noch sind die Handwerker mit letzten Kleinigkeiten beschäftigt: Gerade werden die Handgriffe auf die Treppengeländer montiert. Aber schon jetzt hängen Fotos und Namen der künftigen Bewohner an den Türrahmen. Einziehen werden diese - 24 Menschen mit geistiger Behinderung - Anfang August. Eingeweiht wird der Neubau des Hermann-Altmann-Hauses in Sünzhausen, der ältesten und jetzt neuesten Wohneinrichtung der Lebenshilfe Freising, bereits an diesem Samstag.

"Die meisten freuen sich schon sehr auf ihr neues Zuhause", sagt Alexander Kratzl, einer der Gruppensprecher im neuen Haus. Als Übergangslösung mussten die Bewohner des alten Schulhauses in Sünzhausen, das 1981 zum Wohnheim umgebaut und im Frühjahr 2016 abgerissen worden war, eineinhalb Jahre im angemieteten Trakt eines Lerchenfelder Seniorenzentrums leben. Niemand werde ins kalte Wasser geworfen: "Alle waren während der Bauphase mehrmals hier und haben alles kennengelernt. Sie konnten sich ihre Zimmer aussuchen und soweit möglich mitgestalten, sich beispielsweise die Wandfarbe aussuchen", erzählt Kratzl. Der Neubau, sagt er glücklich, sei doch eine "ganz andere Nummer" als zuletzt die Übergangslösung. "Die große Errungenschaft neben einer kompletten Barrierefreiheit ist, dass hier nun alle lebenslang bleiben können, das gab es früher nicht."

Die Küchenzeilen in den Gruppenräumen sind sogar in der Höhe verstellbar. (Foto: Marco Einfeldt)

Ganz neu sind nämlich Räume, die für eine strukturierte Betreuung von Menschen mit Behinderung im Rentenalter genutzt werden. Derzeit gebe es unter den Bewohnern einen Rentner, der tagsüber in einer anderen Einrichtung betreut werde, im kommenden Jahr werden es dann aber schon fünf bis sechs sein. Und diese Zahl werde sich spürbar erhöhen, seien doch die meisten Bewohner um die 50 Jahre alt. Ihren Tag werden die Rentner zukünftig in einem großen, lichtdurchflutetem Raum mit hellem Parkettboden verbringen; durch große Terrassentüren gelangt man - natürlich barrierefrei - auf eine Terrasse. "Es soll eine Tagesstruktur, aber keinen Zwang geben", betont Kratzl. Geplant seien neben einem gemeinsamen Frühstück und dem Morgenkreis beispielsweise Bastelangebote oder Ausflüge. Freitags soll in der kleinen, integrierten Küche gemeinsam gekocht werden.

"Zum Neubau zwangen uns das dringend sanierungsbedürftige Gebäude aus den 1960er Jahren und viele Neuerungen im Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, ohne deren Umsetzung ein Betrieb nicht mehr genehmigt worden wäre", sagt Lebenshilfe-Pressesprecher Martin Weindl. Die neue Einrichtung, die auf ihrem alten Platz neben der Sünzhausener Dorfkirche steht, bedeute einen Quantensprung - hinsichtlich der Größe, der Ausstattung und der Werthaltigkeit, schwärmt er. In eineinhalb Jahren sei nicht nur ein barrierefreies Haus für die 24 Bewohner entstanden, die in drei Gruppen leben werden, sondern ein "Gebäude für die Zukunft". 27 Mitarbeiter der Lebenshilfe - darunter viele in Teilzeit - werden von August an in dem L-förmig angelegten Gebäude, in dem neben den Zimmern auch Gruppenräume, Büros, Hauswirtschaftsküche und Waschräume untergebracht sind, tätig sein. Der Neubau war auf 4,83 Millionen Euro veranschlagt und blieb letztendlich sogar gut 44 000 Euro unter dieser Planung. 3,3 Millionen Euro davon kamen aus Fördermitteln, etwa dem Bayerischen Landesbehindertenplan und vom Bezirk Oberbayern. Ihren Eigenanteil von etwa 1,5 Millionen Euro decke die Lebenshilfe über ein Darlehen, berichtet Weindl.

Hell, freundlich, barrierefrei: Der Neubau der Lebenshilfe in Sünzhausen ist fertig. (Foto: Marco Einfeldt)

"Wir sind stolz darauf, es ist toll geworden", sagt auch Bauleiter Werner Erlacher. Hier sei es definitiv leichter zu arbeiten und zu leben - für alle Seiten. Beim Rundgang durch das neue Haus wird klar, was er meint: Die Hightech-Pflegebadewanne erleichtert die Körperpflege, die Nasszellen, die es nun in jedem Zimmer gibt, sind barrierefrei gestaltet. Sogar das Trampolin im Garten kann mit dem Rollstuhl befahren werden. Und dann zeigt Erlacher noch, dass wirklich an jedes Detail gedacht wurde: Der Küchenblock in den Gruppenräumen fährt auf Knopfdruck rauf und runter und "ist auch für Rollstuhlfahrer geeignet", sagt er begeistert.

Die Lebenshilfe Freising lädt am diesem Samstag, 22. Juli, zu einem "Nachmittag der offenen Tür" im Hermann-Altmann-Haus in Sünzhausen (Schulweg 2) ein. Es gibt Führungen um 14.30 und 15.30 Uhr sowie Kaffee, Kuchen und Getränke.

© SZ vom 22.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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