Streit um Flughafenausbau:Der Protest geht weiter - trotz Stuttgart 21

Lesezeit: 2 min

Startbahngegner halten am Widerstand fest, die Münchner SPD plant eigenes Ratsbegehren

Birgit Goormann-Prugger

FreisingCSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt hat nach der Niederlage der Stuttgart-21-Gegner bei der Volksabstimmung die Gegner des Münchner Flughafenausbaus aufgefordert, ihren Protest einzustellen. "Die Grünen müssen lernen, dass die Menschen in einem modernen Land mit modernen Verkehrswegen leben wollen", sagte er am Montag. Für Helga Stieglmeier indes, Sprecherin bei "Aufgemuckt", sind die Projekte nicht zu vergleichen. Die CSU und Dobrindt hätten offensichtlich keine Ahnung von moderner Verkehrspolitik. "Zur Zeit findet eine internationale Klimakonferenz statt, der Flugverkehr gilt als Klimaschädling Nummer eins und wir bauen Flughäfen aus", so ihre Kritik.

Auch für den Freisinger Landtagsabgeordneten Manfred Pointner, Freie Wähler, sind Dobrindts Äußerungen nicht tragbar. "Dem Ausbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs werden, bedauerlich genug, Bäume zum Opfer fallen - in München geht es um eine unvorstellbare Zunahme der Lärmbelastung und damit um die Gesundheit tausender Menschen." Die Volksabstimmung in Stuttgart und das Münchner Bürgerbegehren, das die Grünen gegen die dritte Startbahn auf den Weg gebracht haben, seien "zwei völlig unterschiedliche Konstrukte", stellte Stieglmeier weiter klar. Schon die Höhe des erforderliche Quorums unterscheide beide Projekte. Auch dürfe nicht vergessen werden, dass der umstrittene Stuttgarter Tiefbahnhof schon im Bau sei: "Der Ausstieg in Stuttgart wäre ungleich schwieriger gewesen, als bei der dritten Startbahn - allein schon finanziell". Beim Flughafenausbau gehe es "nur" um reine Planungs- und Gutachterkosten.

Ein weiterer Unterschied: Bei Stuttgart 21 seien alle Bürger Baden-Württembergs gefragt worden - darum sei das Ergebnis auch für alle bindend. Beim Bürgerbegehren zur dritten Startbahn könnten aus rechtlichen Gründen nur die Bürger der Stadt München, Anteilseignerin des Flughafens, gefragt werden. "Für die Bürger in der Flughafenregion ist das Ergebnis, sollte es nicht in ihrem Sinne ausfallen, darum auch nicht bindend, und unser Protest wird auf jeden Fall weitergehen", versicherte Stieglmeier.

Freisings CSU-Landtagsabgeordneter Florian Herrmann sieht beim Startbahnprotest ebenfalls keine Parallelen zur Volksabstimmung in Stuttgart. "Ich habe den Stuttgarter Protest sowieso nie ganz verstanden. Beim Tiefbahnhof ging es ja um eine Entlastung. Bei der Startbahn handelt es sich um eine offensichtliche Verschlechterung für die betroffenen Bürger", sagte er am Montag.

Die Motivation der Startbahngegner werde auch jetzt nicht erlahmen. Das ist die Überzeugung von Aufgemuckt-Sprecher Hartmut Binner. "Stuttgart 21, das hat mit uns überhaupt nichts zu tun", sagte er am Montag am Rande einer Veranstaltung auf dem Hof des Freisinger Bio-Bauern Josef Braun. Der hatte eingeladen, um mitzuteilen, dass er die Umweltmedaille, die ihm vor zwei Jahren vom damaligen Umweltminister Markus Söder verliehen worden war, zurückgeben werde - als Konsequenz auf die Aussagen des neuen Finanzministers Söder zur dritten Startbahn. Söder hatte sich in einem SZ-Interview klar für den Flughafenausbau ausgesprochen (Seite 3).

In München hat die Rathaus-SPD unterdessen angekündigt, nach dem Ja zu "Stuttgart 21" einen eigenen Bürgerentscheid für eine dritte Startbahn anzustoßen - unabhängig davon, ob die Grünen die Unterschriften für ihr Bürgerbegehren zusammenbekommen. Abgestimmt werden könnte darüber am 14. Dezember. Die CSU hat bereits ein Ratsbegehren "pro dritte Startbahn" beantragt, das aber nur stattfinden soll, wenn das Bündnis der Ausbaugegner die nötigen 34 000 Unterschriften sammeln kann. Münchens OB Christian Ude zeigte sich am Montag überzeugt, dass die Entscheidung für den Stuttgarter Tiefbahnhof Großprojekten generell einen Auftrieb gebe. "Man merkt daran, dass Wutbürger nur sich selbst repräsentieren", sagte Ude - die lauteste Protestszene spreche nicht immer im Namen der Bevölkerung.

© SZ vom 29.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: