Polizei mahnt zu höchster Sorgfalt:"Das ist eine ganz diffizile Kiste"

Lesezeit: 2 min

Kontroverse Debatte nach Facebook-Post über unbekannte Männer, die angeblich Kinder angesprochen haben sollen

Von Clara Lipkowski/Petra Schnirch, Freising

Mit einem Post auf Facebook kann man in seinem Freundeskreis, in seiner Stadt schnell viele Leute erreichen, um sie zum Lachen zu bringen, um sie zu informieren ober aber zu alarmieren. Wann aber ist dies in heiklen Situationen tatsächlich angebracht? Wann informiert man besser ausschließlich die Polizei? Wann sollte man andere warnen, wann besteht die Gefahr, dass man dadurch eher eine Hysterie oder möglicherweise gar eine Hetzjagd auslöst? Die Reaktion einer Facebooknutzerin nach einem Zwischenfall an der Isar-Brücke nach Marzling hat im Netz jedenfalls eine kontroverse Diskussion ausgelöst.

Am Montagnachmittag warnte sie vor "Pädophilen", die Kinder angesprochen hätten. Die Unbekannten hätten ihnen Schokokuchen angeboten, "den man zu Hause gemeinsam essen könne", postete die Userin, und beschrieb die Personen mit einigen Merkmalen. Schon wenig später reagierten viele Nutzer mit Kommentaren, eine Frau zeigte sich schockiert, dass der Vorfall so nahe bei den Eltern passiert sei. Die SZ hat dazu bei dem stellvertretenden Leiter der Polizeiinspektion Freising, Michael Ertl, nachgefragt. Er sagte, man nehme die Meldung ernst und schaue nun, ob Ermittlungen aufgenommen würden. Aktuell seien ihm keine Fälle von Pädophilie bekannt.

Ertl machte aber auch klar, dass er eine Bekanntmachung auf Facebook nicht für geeignet halte - sie ist inzwischen auch gelöscht. "Es kann in solchen Fällen immer sein, dass das doch harmlos war und damit ein falscher Tatbestand gemeldet wurde und jemand falsch beschuldigt wird." Das aber müsse erst geklärt werden. "Das ist eine ganz diffizile Kiste", sagte Ertl, die Angelegenheit müsse mit "höchster Sorgfalt" behandelt werden. In jedem Fall sei es richtig, dass sich Kinder in solchen Fällen bemerkbar machten, wegliefen oder sich zu anderen Erwachsenen begäben. Die Polizei halte die Augen weiterhin offen, versicherte Ertl.

Die Facebook-Warnung der Mutter teilten innerhalb kurzer Zeit viele Nutzer. Eine Frau schrieb gar, sie würde in so einem Fall ihren Hund nicht zurückhalten. Auch auf der Facebook-Seite der SZ Freising entspann sich eine kontroverse Diskussion zu dem Thema, die Kommentatoren waren sehr gespalten. Einer erwiderte: "Falls man sich jemals wieder darüber wundert, warum das mit der Hexenverbrennung damals so gut funktioniert hat, braucht man nur auf Facebook schauen. Jeder kann eine beliebige Behauptung aufstellen und ein ganzer Lynchmob stürzt sich auf den 'Täter'". Ähnlich argumentierte ein anderer User: "Irgendwann werden dann schwarz gekleidete Menschen, die auf alten Fahrrädern unterwegs sind, vom Mob erledigt."

Vor allem einige Frauen aber zeigen durchaus Verständnis für den Post und die emotionalen Reaktionen. "Ich versteh die Mutter sehr, die das in Facebook rein geschrieben hat", antwortete eine Userin. "Hätte ich auch gemacht, wenn es um meine Kinder gegangen wäre." Eine andere meinte dazu: "Ich verurteile die Facebooknutzerin nicht. Sie wollte eben ganz schnell handeln." Und sie fügte hinzu: "Die Aussagen der Kinder sind gefälligst ernst zu nehmen." Zur Mäßigung mahnte dagegen Katharina Grill. "Ich hielt den Post auch für sehr bedenklich und die Diskussion darunter für sehr gefährlich." Alles müsse auch beweisbar sein.

Die Kinder haben, so wie sie den Vorfall schildern, in jedem Fall das Richtige getan: Sie haben das Kuchen-Angebot der Unbekannten ausgeschlagen, sind nach Hause gegangen und haben der Mutter davon erzählt, die informierte daraufhin auch die Freisinger Polizei.

© SZ vom 15.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: