Plattlinger Diskotheken-Brand:Grußloses Wiedersehen vor Gericht

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Max Riemensperger und sein ehemaliger Mitarbeiter meiden jeden Kontakt - großer Auftritt für den Fernsehanwalt

Petra Schnirch

Freising/Deggendorf - Große Auftritte ist Rechtsanwalt Sewarion Kirkitadse gewohnt. Bekannt ist der 55-Jährige vor allem als Staatsanwalt aus der Fernsehserie "Richter Alexander Hold", Blitzlicht und Kameras im Sitzungssaal schrecken ihn also nicht. Ganz anders die beiden Angeklagten. Vier Kamerateams und mehrere Fotografen lauern minutenlang auf eine Regung, doch Max Riemensperger und Michael F. (Name geändert) grüßen sich nicht und schauen meist aneinander vorbei, obwohl sie sich seit langem kennen.

Am ersten Verhandlungstag am Landgericht Deggendorf löst im Zeugenstand ein Gutachter den anderen ab. Denn die beiden Männer, denen vorgeworfen wird, am 28. September 2010 gemeinschaftlich Riemenspergers Diskothek MGM im Plattlinger Gewerbegebiet Pankofen in Brand gesteckt zu haben, schweigen vor Gericht. Lediglich zu Detailfragen, etwa was wann in der Disco renoviert wurde, äußert sich der Freisinger Nachtclub-Betreiber kurz.

Riemenspergers Anwalt Kirkitadse geht den ermittelnden Polizeibeamten scharf an, denn die Gutachter-Ergebnisse lassen durchaus Spielraum, vor allem was das Video einer nahe gelegenen Tankstelle betrifft. Um 8.41 Uhr taucht darauf für drei Sekunden ein Mann mit Bundeswehrpullover, Mütze und Handschuhen auf, nach Ansicht der Polizei handelt es sich dabei um Michael F., der mehrmals für Riemensperger gearbeitet hat. Etwa zur gleichen Zeit geht die erste Meldung bei der Feuerwehr ein. Ein Mann auf dem Firmengelände direkt hinter der Disco hatte Rauch im ersten Stock des Luna Parks bemerkt. Die Brandmeldeanlage registrierte das Feuer bereits um 8.30 Uhr, setzte aber keinen Alarm ab, weil diese Funktion eine Stunde zuvor, um 7.31 Uhr, per Hand abgeschaltet worden war. Die Videobilder aber haben ein Manko: Sie sind extrem unscharf. Das erschwert auch den Vergleich mit einer nachgestellten Szene Wochen später.

Für den Polizeibeamten ist dennoch klar: Die beiden Männer - also der Täter und Michael F. - seien in Größe und Statur identisch, sagt er aus und beruft sich auf eines der Gutachten. Auf Nachfrage Kirkitadses muss er einräumen, dass der Gutachter dies so dezidiert nie gefolgert habe. Der BKA-Sachverständige kommt zu dem Schluss, dass eine Übereinstimmung "eher wahrscheinlich" ist, mehr aber kann er dazu nicht sagen, denn der Mann ist von hinten und nur ganz kurz von der Seite zu sehen. Auch an anderer Stelle hakt Kirkitadse ein, etwa als der Polizeibeamte schildert, Riemensperger habe den Betreibern des Luna Parks schon einmal gedroht, "ich zünde alles an". Auf Nachfrage muss der Polizist zugeben, dass diese Äußerung - Riemensperger kann sich daran laut Kirkitadse nicht erinnern - wenn überhaupt bereits 2005 gefallen sei. In jenem Jahr hatte der Nachtclub-Besitzer die Disco gekauft, zuvor führte er sie als Pächter.

Auch stellt der Münchner Anwalt klar, dass die Vermögenswerte Riemenspergers seine Schulden in Höhe von 1,6 Millionen Euro - "für einen Geschäftsmann nicht ungewöhnlich", wie der Vorsitzende Richter Heinrich Brusch konstatiert - überstiegen. Bei der Bezahlung laufender Kredite hat es nach Auskunft der Bank keine Probleme gegeben. An den beiden Wochenenden nach der Wiedereröffnung nach Renovierungsarbeiten habe Riemensperger 50 000 beziehungsweise 28 000 Euro Umsatz gemacht. Dann brannte es - seither ist die Disco geschlossen. Was laut Polizei auch gegen Riemensperger spricht: Er bat einen Mitarbeiter, F. bei seiner Zeugenaussage nicht zu erwähnen. "Weil er ihn schwarz beschäftigt hatte", so der 47-jährige Freisinger bei der Vernehmung. Für die Tatzeit hat Riemensperger ein Alibi, er räumte mit drei Mitarbeitern einen Kiosk aus.

Die Indizien, die gegen F. sprechen, wiegen schwerer. Ein auf dessen Frau angemeldetes Handy wurde 20 Minuten nach Ausbruch des Feuers bei Plattling geortet. Ein Bunsenbrenner, der im Gebüsch lag, weist seine DNS auf. Auch sein Alibi steht auf wackligen Füßen. Er will am Vormittag des Tat-Tages in München gewesen sein. Christoph N. - nach eigenen Angaben Immobilienverwalter, laut Polizei Bordellbesitzer - kann sich aber partout nicht daran erinnern, ob ihn F. am Morgen des 28. September aus dem Bett geklingelt habe oder einige Tage früher oder später. Viel mehr ist dem 29-Jährigen, der in weißen Espandrillos und weißer kurzer Hose vor Gericht erschienen ist, nicht zu entlocken. Der arbeitslose Schlosser Michael F. erledigte für ihn Gelegenheitsjobs und besorgte öfters Baumaterial. Ein Nachbar will F. dagegen an besagtem Tag gegen 10 Uhr im Raum Freising gesehen haben. Am Montag geht die Verhandlung weiter.

© SZ vom 23.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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