Noch keine Engpässe:Spaß am Unterrichten

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Im Landkreis Freising gibt es keine Probleme mit der Besetzung freier Direktorenstellen an Grundschulen. Die Leiter lieben die Arbeit mit den Kindern, klagen aber trotzdem über die vielfältigen Belastungen

Von Gudrun Regelein, Landkreis

Im Landkreis Freising ist die Situation an den Grundschulen derzeit entspannt, sagt Irmintraud Wienerl, Leiterin des Schulamts Freising. "Momentan sind alle Rektorenstellen besetzt, die wenigen offenen sind ausgeschrieben und Bewerbungsverfahren laufen", schildert sie. Eine kommissarische Leitung sei die große Ausnahme. "Bisher läuft alles gut." Damit steht der Landkreis ganz im Gegensatz zu vielen anderen Regionen in Deutschland. Denn immer weniger Lehrer wollen Schulleiter werden. Etwa 1000 Grundschulen in Deutschland müssen ohne festen Rektor auskommen, an etwa jeder zehnten gibt es derzeit nur einen kommissarischen Schulleiter.

Das ergab eine Umfrage der "Welt am Sonntag" unter den Kultusministerien der Bundesländer. Hauptgrund sei, dass Grundschulrektoren deutlich weniger verdienen als ihre Kollegen von weiterführenden Schulen und nur wenig mehr als Grundschullehrer ohne Leitungsfunktion. Manchmal müsse aber auch im Landkreis eine Stelle bis zu dreimal ausgeschrieben werden, bis endlich ein passender Leiter gefunden werde, sagt Irmintraud Wienerl. Auch in der Marina-Thudichum-Schule in Haag war die Rektorenstelle zum zweiten Mal inseriert, als sie sich zu einer Bewerbung entschloss, erzählt Kerstin Rehm, die Schulleiterin der Grundschule. Beim Anruf in der Schule hat man gleich sie am Telefon. Die Sekretärin? Die sei heute nicht da. Deren Stundenzahl werde nach der Schülerzahl berechnet, erklärt Rehm. In Haag besuchen gut 100 Schüler die Grundschule, entsprechend dürfe die Schule eine Sekretärin nur elf Stunden in der Woche beschäftigen. "Das bedeutet, dass ich an einigen Tagen noch Büroarbeiten erledigen muss."

Für Kerstin Rehm, die auch Kreisvorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) ist, ist das aber nur ein Grund, dass es gerade in den kleinen Grundschulen - das sind solche mit einer Schülerzahl bis zu 180 - immer weniger Bewerber auf offene Rektorenstellen gibt. "Mich wundert das nicht", sagt sie, denn die Belastung der Schulleiter sei eine grenzwertige: Gerade einmal vier bis sieben Anrechnungsstunden bekämen diese an den kleinen Schulen. Diese müssen laut Staat für die zusätzlichen Pflichten eines Rektors ausreichen. Was sie aber laut Rehm nicht tun: "Eigentlich alle Kollegen müssen oft abends und an den Wochenenden arbeiten." Der ständige Spagat zwischen dem Management einer Schule und den Anforderungen als Lehrer - denn als Rektor habe man in kleinen Schulen noch eine Klassenführung - sei kaum machbar, kritisiert Rehm. "Das verschleißt und geht auf Dauer an die Substanz."

Aus finanziellen Gründen übernehme man diesen Job sicher nicht, meint sie. "Das macht man aus Leidenschaft." Rehm hält es für "absolut notwendig", als Rektor weniger Unterrichtszeit und dafür mehr Leitungszeit zur Verfügung zu haben. Dann könnte man die zahlreichen Aufgaben als Schulleiter, wie Elterngespräche, Statistiken für das Schulamt, Mitarbeitergespräche und Beurteilungsschreiben, Haushaltsplanungen und Organisation der vielen Schulveranstaltungen, auch erfüllen.

Birgit Penger leitet seit einem Jahr die Grundschule in Kirchdorf. Für sie war es eine bewusste Entscheidung, sich als Konrektorin einer großen Grund- und Mittelschule auf die Stelle als Rektorin einer kleinen Grundschule zu bewerben. "Ich wollte etwas gestalten und bewegen können", erklärt sie. Ihren Entschluss habe sie nicht bereut, aber: "Man braucht ein gutes Zeitmanagement, um neben der Unterrichtsverpflichtung auch noch die Aufgaben als Schulleiter zu erfüllen", sagt Penger.

Gerade einmal fünf Anrechnungsstunden habe sie bekommen. In den Klassen unterrichte sie jeden Tag fünf Stunden. Schulleitung neben Klassleitung sei eigentlich die Quadratur des Kreises. Der Leiter der Grundschule in Wolfersdorf, Norbert Mayr, empfindet seinen Beruf zwar als "eine schöne, erfüllende und nie langweilige Aufgabe". Aber dennoch auch als eine kräftezerrende Doppelbelastung. Zehn Stunden täglich ist er wochentags in der Schule: Vormittags unterrichtet er, am Nachmittag dann erledigt er alle anderen Aufgaben. "An meiner Schule bin ich nicht nur Ansprechpartner, sondern auch Hausmeister, Möbelpacker und zum Teil auch Sekretärin." Die vier Stunden, die ihm dafür zur Verfügung stehen, reichten nicht aus. Dennoch möchte er auf jeden Fall weiterhin unterrichten, "das macht am meisten Spaß".

Gabriele Potthast, die Leiterin der Grundschule in Marzling, wusste, was auf sie zukam: Sie habe die Schule bereits vertretungsweise eineinhalb Jahre geleitet, erzählt sie. "Ich habe mich dafür entschieden, weil es mir mordsmäßigen Spaß macht." Zwar sei es ein Spagat, sagt sie. Es sei anstrengend, die Aufgaben eines Schulleiters zu erfüllen und gleichzeitig eine Klasse zu leiten, aber: "Es macht mir viel Freude, mit Kindern zu arbeiten. Ich möchte nicht auf die Klassleitung verzichten wollen."

© SZ vom 27.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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