Parteien brauchen Wirtshäuser:"Es ist nicht Aufgabe der Wirte, Zensurbehörde zu sein"

Lesezeit: 2 min

Gerade jetzt im beginnenden Bundestagswahlkampf hoffen die Parteien darauf, weiterhin für ihre Veranstaltungen Zugang zu Wirtschaften zu bekommen. (Foto: Johannes Simon)

Nach dem Wirbel um eine umstrittene Parteiveranstaltung in Freising bittet Florian Herrmann (CSU) die lokalen Gastronomen, die Politik nicht auszusperren.

Von Clara Lipkowski, Freising

"Sperren Sie uns nicht aus Ihren Gaststätten aus." Darum hat der Freisinger Landtagsabgeordnete Florian Herrmann (CSU) am Montag auf dem Neujahrsempfang des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga gebeten. Im vergangenen November hatte der Wirt des Freisinger Hofbrauhauskellers entschieden, 2017 keine Partei-Veranstaltungen mehr in seinen Räumen zu erlauben. Zuvor hatte eine Grünen-Politikerin ihn dafür kritisiert, dass er die AfD beherbergt hatte.

"Es ist nicht Aufgabe der Wirte, Zensurbehörde zu sein", sagte Herrmann im Bräustüberl des Hofbräuhauses und erhielt dafür kräftigen Applaus. Damit werde die Meinungsfreiheit angegriffen, sagte der CSU-Politiker. Der Wirt sei "auf unterster Schiene angefeindet" worden, sagte Herrmann, "von einer Vertreterin, die offenbar relativ angespannt ist bei dem Thema. Wir als Parteien brauchen den öffentlichen Raum für die öffentliche Auseinandersetzung. Wir können es nicht den sozialen Netzwerken überlassen, wo die Algorithmen entscheiden, wer welche Meinung liest", meinte Herrmann. Guido Zöllick, Präsident des Dehoga-Bundesverbands, stimmte zu: "Gastwirte sollten nicht politische Veranstaltungen bewerten müssen", sagte er, Gasthäuser seien offene Häuser. Letztlich müsse darüber aber jeder Unternehmer selbst entscheiden. Zwar sei die AfD eine kontroverse Partei, solange sie aber demokratisch agiere, sehe er keinen Grund, sie auszuschließen.

Mit Blick auf die anstehenden Wahlen stellten die Vertreter des Gastronomie- und Hotelgewerbes Forderungen an die Politik. Ausuferndes Privatvermieten von Unterkünften, wie etwa bei "Airbnb", müsste künftiger strenger geahndet werden, appellierten mehrere Redner. Außerdem thematisierten sie das Gaststättensterben auf dem Land: Es könne nicht sein, dass Vereinen, die gastronomisch tätig seien, andere Auflagen gemacht würden als Gaststätten, sagte die Präsidentin des Dehoga in Bayern, Angela Inselkammer. "Warum werden wir geknechtet mit einem Allergenkennzeichnungsgesetz, während witzigerweise bei den Vereinen niemand allergisch ist?" Da herrsche ungleicher Wettbewerb, sagte sie, und so sei es kein Wunder, wenn immer mehr dörfliche Gasthäuser dicht machten. "Hier müssten einigermaßen gleiche Bedingungen geschaffen werden", forderte sie an die Politikprominenz im Saal gewandt, unter ihnen der CSU-Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer. Guido Zöllick ergänzte: "In Dörfern und Gemeinden muss die Kultur einer Gaststätte erhalten bleiben", schließlich gehöre ein Wirtshaus genauso dorthin wie eine Kirche oder ein Arzt.

Auch er wünschte sich weniger staatlichen Eingriff in das Unternehmertum seines Gewerbes. Das Arbeiterschutzgesetz etwa sei "absolut realitätsfremd." Die Vorgabe von maximal zehn statt zwölf Arbeitsstunden am Tag hindere Gastronomen, flexibel Personal einzusetzen. Helfen würde ein "Arbeitszeitkonto von 48 Stunden pro Woche", schlug er vor. Arbeite ein Kollege einmal länger, käme er am Tag danach eben später.

© SZ vom 10.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: