Mitten in Freising:Früher war alles wilder

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Warum ein familienfreundliches Festival viel gesünder ist

Von Gerhard Wilhelm

Was gab es nicht schon für legendäre Festivals? Woodstock, 1969, galt lange als DAS Festival. Auch bei seiner Neuauflage 1994 zog der Name noch Hunderttausende an. Bei den Heavy-Metal-Fans ist das Wacken- Open-Air Maß aller Dinge. Und ältere Leser oder Rock-Musikliebhaber kennen noch Namen wie das Watkins Glen Rockfestival oder das Roskilde-Festival. Und wie es damals zuging! Es ging nicht nur um Musik, sondern auch um Kunst, politische Statements und ein Lebensgefühl. Frieden, Liebe und Verständigung untereinander wurden propagiert. Okay, manchmal stand auch die Devise "schneller - härter - lauter" im Mittelpunkt und so manches Festival verlief chaotisch und exzessiv.

Und heute? Das Uferlos ist phantastisch. Tolles Programm, super Bands, klasse Organisation. Aber wo bleiben hier die wirklich ausschweifenden Elemente? Stattdessen werden Teppiche geknüpft, Sonnenschutzberatung angeboten, Porzellantassen bemalt und Kinder geschminkt. Die einzige Farbe, die man früher kannte, war doch das dreckige Braun, wenn der Regen den Boden aufgeweicht hatte. Und dazu gibt es jetzt noch veganes Essen, Gemüse-Sudoku und sogar einen Uferlos-Lauf, weil das so gut für die Gesundheit ist.

So ein kleines bisschen an den alten Zeiten hängen die Veranstalter aber dann doch. Jedes Jahr heißt es "Oldies but Goldies" und Bands aus den wilden Jahren treten auf. Diesmal "Saga", vorher "Procol Harum" oder 2012 "Nazareth" & "Uriah Heep". Alles altgediente Rocker, denen man ansehen konnte, das ihr Leben ausschweifend war und dass sie zusammen mit ihren Fans älter geworden sind. In Erinnerung an die "guten alten Zeiten" haben manche von ihnen dann auch mal wieder über die Strenge geschlagen, so ein bisschen. Danach tat das Kreuz weh, die Stimme war weg, vom Kopfweh am nächsten Tag gar nicht zu reden, obwohl man noch vor Mitternacht im Bett war. Ist vielleicht gar nicht so schlecht, dass das "Uferlos" ein familienfreundliches Festival ist, bei dem einer um ein Uhr das Licht ausmacht. Wie hat man das früher nur überlebt?

© SZ vom 15.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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