Mitten im Landkreis:Fahren und Recht haben

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Was man als Autofahrer alles erleben kann, wenn man sich an Vorschriften hält

Von Klaus Schieder

Dem Italiener wird gerne nachgesagt, dass er Verkehrsschildern rein dekorativen Wert beimisst. Zwischen Meran und Mailand ist dies immer schön an Kreisverkehren zu beobachten, wo sich alle Autos in einem Knäuel zusammenfinden, der sich mit Hupen, Winken und Rufen jedoch schnell und aufs Wundersamste auflöst - ohne dass es Blechschaden gibt. Das ist hierzulande anders, wie etwa in den Kreiseln im Landkreis zu sehen ist: Da fahren manche stur rein, ohne Vorfahrt, ohne beim Hinausfahren zu blinken, ohne Kenntnisnahme von Fußgängern und Radlern. In diesen Rondells bewahrheitet sich, was Kurt Tucholsky konstatiert hat: "Der Deutsche fährt nicht wie andere Menschen. Er fährt, um Recht zu haben." Umso mehr sind Verkehrsschilder nötig. Doch auch diese werden oft eher als Hinweise, denn als Vorschrift gesehen. Was an Baustellen gut zu sehen ist - vor allem, wenn offenbar gerade nicht dort gearbeitet wird. Erst wird auf Tempo 70, dann auf 50 Stundenkilometer beschränkt. Das stürzt Deutsche am Steuer in Konfusion. Ohne Bauarbeiter ist eine Baustelle keine Baustelle. Der eine bremst sein Auto brav auf Tempo 50 herunter, weil Vorschrift nun mal Vorschrift ist. Der andere fährt ihm dagegen fast auf den Kofferraum, fuchtelt, schreit und betätigt die Lichthupe, weil sein verfassungsmäßiges Recht auf ungebremste Fahrt ausgehebelt wird.

Wenn er es bei all dem Verkehr aber schafft, den seiner Meinung nach allzu gesetzestreuen Idioten vor sich zu überholen, kommt von rechts ein ganz anderes Phänomen daher: der bayerische Bauer. Der sitzt auf einem Traktor, fährt gemütliche 30, hört nix und sieht nix. Warum auch. Mia samma mia. Oiso eh die Stärkern.

© SZ vom 25.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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