Mit offenen Augen durch die Welt gehen:"Glück kann man lernen wie Auto fahren"

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Verabschiedet sich demnächst von seiner Gemeinde: Pfarrer Heinz Winkler geht in den Ruhestand und verlässt Allershausen. (Foto: Marco Einfeldt)

Seit 30 Jahren betreut Pfarrer Winkler die evangelische Kirchengemeinde in Oberallershausen, nun geht er in Ruhestand

Von Lea Wahode, Allershausen

"Ich freue mich über jeden, dem ich helfen konnte, Gott näher zu kommen", sagt Heinz Winkler im Rückblick auf 30 Jahre in der evangelischen Kirchengemeinde Oberallershausen. Seit 1987 war er dort Pfarrer, am 21. Mai wird der 65-Jährige in den Ruhestand gehen. Vermissen werde er nichts, sagt er, denn er bleibe ja Pfarrer und werde weiterhin mit offenen Augen durch die Welt gehen und "den Menschen als Mensch" begegnen.

Als eine seiner wichtigsten Aufgaben sah es Winkler an, Ärger zu vertreiben und den Menschen zu helfen, "so zu sein, wie sie sein wollen". Als Lehrer am Camerloher-Gymnasium, an der Mittelschule Allershausen oder im Konfirmandenunterricht lehrte er die Schüler, Erlebtes "positiv als Gotteserfahrungen zu deuten". Außerdem habe er den Jugendlichen vermitteln wollen, dass sie einzigartig sind und jeder einzelne wichtig ist. "Glück kann man lernen wie Auto fahren." Es gebe aber auch Leute, die sich über Lärmbelästigung beklagten, wenn das Glück an die Tür klopft.

Für alle, die eine schwere Zeit durchlebten und Hilfe benötigten, versuchte Winkler als Seelsorger da zu sein. "Jeder wusste: Wenn im Pfarrhaus noch Licht brennt, kann ich vorbeikommen," erzählt er. Einmal habe ein Paar nachts mit dem Auto angehalten und ihn um Hilfe nach einem Streit gebeten. Manchmal ist Winkler allerdings auch an die Grenzen der Belastbarkeit gestoßen, vor allem bei tragischen Unfällen. "Wenn man selbst kleine Kinder zu Hause hat und dann zwei Kinder, die auf der Autobahn verunglückt sind, beerdigen muss, ist das sehr schwer," erinnert er sich. Auch angesichts solcher Erlebnisse für die Angehörigen da sein zu können, verdanke er seiner Gotteserfahrung und seinem Vertrauen, dass Gott ihm so viel Stärke geben werde, wie er benötigt. Auch die Natur und Spaziergänge an der Isar hätten ihm oft geholfen, traurige Ereignisse zu verarbeiten und positiv zu bleiben. Bei größeren Problemen habe er Supervisionsangebote angenommen. Als Prediger war Winkler ebenfalls vor allem für Menschen mit Problemen da, wie er erzählt. Deswegen sollte sein Gottesdienst ein Ort der "Gnade und Hilfe, Lehre und Trost" sein. Immer habe er versucht, eine spirituelle Atmosphäre zu schaffen.

Den Gottesdienst offen und einladend zu gestalten, war auch aus einem anderen Grund wichtig. Vor 30 Jahren bestand die Gemeinde aus etwa 1200 Mitgliedern, viele von ihnen waren Nachfahren der Zuwandererfamilien aus der Pfalz, die 1830 nach Bayern gekommen waren. Seitdem hat sich die Zahl der Gemeindemitglieder auf 2700 mehr als verdoppelt, darunter sind viele junge Familien. In seiner Zeit als Pfarrer in Oberallershausen hat Winkler 1000 Kinder getauft, fast 300 Paare getraut, 661 Jugendliche konfirmiert und etwa 450 Menschen beerdigen müssen.

Bald wird Winkler mit seiner Frau in das nicht weit entfernte Reichertshausen umziehen. Dort werde er erst einmal ein Sabbatjahr einlegen und sich vor allem um seine acht Enkel und den großen Garten kümmern. "Wenn ein Pfarrer so lange an einem Ort war wie ich, ist es gut, wenn er danach etwas Abstand nimmt", sagt er. Das erleichtere die Arbeit für seinen Nachfolger. Wer das sein wird, steht noch nicht fest, die Stelle wurde ausgeschrieben. Zwischenzeitlich wird Matthias Schwarzer, der die zweite Pfarrstelle inne hat, die Leitung übernehmen.

Die offizielle Verabschiedung findet am Sonntag, 21. Mai, im Gottesdienst statt, der um 15 Uhr beginnt, dann gibt es einen Empfang.

© SZ vom 10.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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