Lastwagen-Transporte aus ganz Bayern:Die Sorge bleibt

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Engie-Konzern stellt in Haag und Zolling die Pläne für die neue Klärschlammtrocknung im Kraftwerk Angelberg vor. Die Angst der Anwohner vor zusätzlichen Belastungen durch Verkehr und Gestank können sie nicht beschwichtigen

Von Katharina Aurich, Haag/Zolling

Im Kraftwerk Anglberg soll für zwölf Millionen Euro eine Anlage zur Trocknung und Verbrennung von Klärschlamm gebaut werden. Für die Nachbargemeinden bedeutet das vor allem eine Zunahme des Lastwagenverkehrs, denn der Schlamm soll sternförmig aus Kläranlagen in ganz Bayern und sogar aus Lindau auf der Straße nach Anglberg transportiert werden. Die Kraftwerkbetreiber des Engie-Konzerns werten die geplante Klärschlammtrocknung allerdings unmissverständlich als einen Baustein, den Standort und seine 120 Arbeitsplätze zu erhalten.

Am Dienstag hat Kraftwerksleiter Lothar Schreiber die Pläne zunächst im Zollinger Gemeinderat und anschließend bei den Kollegen in Haag vorgestellt. Man nehme die Sorgen der Bevölkerung ernst und lege Wert auf ein gut nachbarschaftliches Verhältnis, versicherte er. Die größte Sorge seiner Zuhörer konnte er allerdings nicht entkräften, denn mit der geplanten Anlage werden mehr Lastwagen durch die Ortschaften der näheren Umgebung fahren. Täglich 25 Fahrten seien bereits genehmigt, weil schon seit 1998 im Kohleblock nasser Klärschlamm aus 39 Kläranlagen mit verbrannt werde, erläuterte Schreiber.

In Sachen Abluftreinigung aus dem Kohleblock versicherten der Kraftwerksleiter und der Projektverantwortliche Max Unterbuchner, dass die Grenzwerte eingehalten, wenn nicht sogar deutlich unterschritten würden. Dies sei Bestandteil des Genehmigungsverfahrens beim Landratsamt, bei dem die Unterlagen für das Vorhaben im Juli eingereicht würden. Die Bürgermeister Max Riegler in Zolling, auf dessen Gemeindegebiet das Kraftwerk liegt, und Anton Geier aus dem direkt angrenzende Haag hatten die Kraftwerksverantwortlichen gebeten, über die geplante Klärschlammtrocknungsanlage zu informieren, nachdem das Thema im Freisinger Stadtrat öffentlich besprochen und in der SZ Freising darüber berichtet worden war.

Die Klärschlammtrocknung mit der Abwärme aus dem Kraftwerk und der anschließenden Verbrennung der getrockneten Masse im Kohleblock ist laut Schreiber nicht nur erforderlich, um den Standort Anglberg zu sichern. Das Projekt sei auch gesamtgesellschaftlich sinnvoll, sagte er. Denn Klärschlamm müsse irgendwie entsorgt werden. Auf die Äcker dürfe er nicht mehr gebracht werden, also bleibe nur die thermische Entsorgung in Kohlekraftwerken. Wenn dies in Bayern nicht möglich sei, werde der Schlamm auf der Straße zu den Braunkohlekraftwerken nach Sachsen-Anhalt transportiert, beschrieb der Kraftwerksleiter. Der Eigentümer des Kraftwerks, der weltweit operierende Konzern Engie, sei zudem auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern für den Standort, da die Erzeugung von Strom aus Kohle unwirtschaftlich sei.

Erfreulich nannte Schreiber dagegen die Zahlen des Anglberger Biomasseheizkraftwerks, in dem neben dem Kohleblock seit 2003 aufgrund des Erneuerbaren Energiengesetzes subventioniert Altholz verbrannt wird. Aus diesem Geschäftsfeld flössen bald Gewerbesteuern in die Zollinger Gemeindekasse, versicherte er. Auch die Klärschlammtrocknung, für die mit den Stadtwerken Freising und dem Bayernwerk eine Gesellschaft mit Sitz in Zolling gegründet werde, werfe sicher Gewerbesteuern ab, so Schreiber.

Für die Gemeinderäte beider Kommunen standen jedoch die Umweltbelastungen im Vordergrund. Sie fürchten trotz einer Doppelwäsche der Trocknungsluft Geruchsbelästigungen und wollen nun zunächst eine bestehende Anlage besichtigen. "Wir wollen uns überzeugen, ob eine solche Klärschlammanlage wirklich nicht stinkt", so Bürgermeister Geier. Am meisten besorgt sind die Gemeinderäte beider Kommunen aber wegen des Lastwagenverkehrs. Schon bei der Planung der Biomasseanlage sei versprochen worden, sich um einen Transport des Altholzes auf der Schiene zu bemühen. Doch das Holz werde nach wie vor in großen Lastwagen durch die Ortschaft Haag und an Zolling vorbei nach Anglberg gebracht.

Wolfgang Hilz (Zolling) wollte wissen, ob es möglich sei, den Klärschlamm wie auch die Kohle mit der Bahn zu befördern. Weil der Schlamm dezentral angeliefert werde, sei das nicht möglich, erklärte Schreiber. Geier regte an, Lastwagenfahrten wie etwa zum Abtransport der Asche auf die Schiene zu verlagern, um so den zusätzlichen Verkehr durch kluge Lösungen an anderen Stellen zu kompensieren. Bürgermeister Riegler und Gemeinderat Hans Schindlbeck (Haag) wollten wissen, was passiere, wenn der Kohleblock ausgeschaltet und die Kohleverstromung in Deutschland beendet werde. Die Klärschlammtrocknung ohne das Kohlekraftwerk lohne sich nicht, so Schreiber. Er gehe davon aus, dass die neue Anlage mindestens zwanzig Jahre laufe. Denkbar sei allerdings auch, den getrockneten Klärschlamm später im Biomasseheizkraftwerk zusammen mit dem Altholz zu verbrennen.

Und noch eine weitere Möglichkeit, den Standort zu nutzen, kam an diesem Abend auf den Tisch: Direkt am Kraftwerk wird die neue Gasleitung der Open Grid Europe GmbH verlaufen. Diese könnte man anzapfen und mit einer Gasturbine Strom erzeugen, schilderte Schreiber die neueste Idee.

© SZ vom 01.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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