Freising aufs Korn genommen:Bewohnte Großbaustelle

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Kabarettist Wolfgang Krebs lästert beim Weihenstephaner Starkbierfest über den Widerspruchsgeist der Bürger, Umleitungen, ambitionierte Politiker und die Seilbahnträume einer bierseligen Stadt.

Von Katharina Aurich, Freising

Zum 10. Weihenstephaner Starkbierfest ist Kabarettist Wolfgang Krebs heuer nicht nur in seine Paraderollen Horst Seehofer und Edmund Stoiber geschlüpft. Der Abend im Stephanskeller des Bräustüberls begann mit einem als König Ludwig verkleideten Markus Söder. Dies sei kein Faschingskostüm, sondern der neue Büroanzug, wohnen werde er von sofort am im Nymphenburger Schloss, ließ Krebs alias Söder mehr als 200 begeisterte Gäste wissen.

Kommunalpolitiker, Brauereivertreter, Wissenschaftler und Gastronomen wollten nicht versäumen, wie Wolfgang Krebs wieder Bayerns Politiker, aber auch die Freisinger aufs Korn nahm. Besonders die Innenstadt mit ihren Baustellen hatte es ihm offensichtlich angetan. "Die Domstadt müssen wir uns heute als teilweise bewohnte Großbaustelle vorstellen." Die Bevölkerung sei mittendrin und könne dank der sich täglich ändernden Verkehrsführung am Baufortgang teilnehmen, sagte Krebs zur Erheiterung der Zuhörer.

Und natürlich bot dem Kabarettisten auch der Streit um das Oktogon eine Steilvorlage: Viele Auswärtige dächten, das Oktogon sei eine Freisinger Tintenfischart, spottete Krebs. Der frühere Toilettenturm am Domberg soll im Zuge der Neugestaltung des Diözesanmuseums abgerissen werden, aber der Klerus habe wohl die Veränderungsbereitschaft der Freisinger Kommunalpolitik gehörig überschätzt. Eigentlich müsste man auf dem Domberg doch wissen, dass die Freisinger Stadträte grundsätzlich erst einmal alles ablehnten. Nachdem die Erzdiözese gedroht hatte, das Projekt zu stoppen, habe der Stadtrat den Bauantrag dann doch durchgewunken - ganz nach dem Motto "wir hatten keine Ahnung, worum es ging, aber wir haben sicherheitshalber erst einmal Nein gesagt". Auch die anwesenden Freisinger Stadträte konnten inzwischen über das Thema lachen.

In anderen Angelegenheiten schrecke man in der Domstadt dagegen nicht vor radikalen Innovationen zurück. Um die Innenstadt vom Verkehr zu entlasten, schlage der Chef der Brauerei Weihenstephan nämlich vor, eine Seilbahn zwischen dem Nährberg und dem Lehrberg, dem Domberg, zu errichten, witzelte Krebs. Nach dem Biertrinken könne man sich bequem in die Seilbahn setzen, sich den kirchlichen Segen holen, um anschließend mit dem neuen Aufzug hinunter in die Innenstadt zu fahren. Zur Finanzierung des Projekts falle dem Kanzler der TU sicher etwas ein, schließlich habe er auch 20 Betriebswirtschafts-Professuren, die die Lidl-Stiftung finanziere, eingeworben, sagte Krebs mit einem Seitenhieb, ob der Sponsor nicht die Unabhängigkeit der Lehre gefährde. Zurück zur Gondel: Man könnte von dort oben alle Baustellen beobachten. Da es bei der Westtangente von der ersten Idee bis zur Umsetzung 40 Jahre gedauert habe, sollte man mit dem Seilbahnbau schneller sein, "damit wir das noch erleben", spottete Krebs. Einen Gast vermisste er beim Starkbierfest: MdB Erich Irlstorfer (CSU). Der habe wohl einen Termin bei der Bundeskanzlerin, vermutete Krebs, denn er wolle Staatssekretär für Heimat und Bier beim zukünftigen Heimatminister Seehofer werden.

© SZ vom 03.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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