Beim Thema Flüchtlinge:Knatsch zwischen CSU und Kirche

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Der CSU-Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer hat mit seinem Vorwurf, das Erzbistum blockiere eine Flüchtlingsunterkunft am Bahnhof, die Erzdiözese verärgert. Deren Pressesprecher bezeichnet die Behauptung als "groben Unfug".

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Üblicherweise stehen sich die CSU und die katholische Kirche ja so nahe, dass kein Blatt Papier dazwischen passt. Der Freisinger CSU-Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer hat nun jedoch für atmosphärische Störungen in dem sonst so innigen Verhältnis gesorgt. Taten statt Worte hatte Irlstorfer bei einer CSU-Veranstaltung in Vötting von der Kirche in der Flüchtlingsfrage gefordert und kritisiert, dass die Stadt Freising seit Monaten ergebnislos mit dem Erzbistum um ein Grundstück für die geplante Flüchtlingsunterkunft am Bahnhof verhandeln müsse und hier in der Sache nichts weitergehe. "Groben Unfug", nennt das Bernhard Kellner, Pressesprecher des Erzbistums. Die Vorwürfe seien "an den Haaren herbeigezogen" und er müsse sie "auf das Schärfste zurückweisen".

Auch Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher zeigte sich "erstaunt" über die Aussagen Irlstorfers. Die Stadt könne sich keinesfalls über mangelnde Kooperationsbereitschaft von Seiten des Erzbistums beklagen. Ähnlich äußerte sich Pressesprecherin Christl Steinhart: "Kirche und Stadt stehen seit langem in engem Kontakt und intensivem Austausch. Wir können sagen, die Kirche hat uns hier nie ausgebremst", versicherte sie. Das Projekt sei jedoch aus planungsrechtlicher Sicht nicht einfach. "Da gibt es einiges zu klären, auch beim Thema Erschließung und Zufahrten." 210 Menschen sollen einmal in dem Containerdorf zwischen Park & Ride-Parkplatz und Isardamm leben. Das Grundstück gehört der Erzdiözese, die Stadt hat es seit langem gepachtet und nutzt es derzeit als Bolzplatz. "Wir haben immer gesagt, dass wir überhaupt nichts dagegen haben, dass dort eine Flüchtlingsunterkunft entstehen soll", versicherte Bistumssprecher Kellner. Seit September habe die Stadt den Entwurf eines neuen Pachtvertrages für das fragliche Grundstück vorliegen. "Seitdem hören wir nichts mehr von der Stadt", sagte Kellner.

Das könnte sich bald ändern, denn erst am vergangenen Montag hat sich der Verwaltungs- und Finanzausschusses in nichtöffentlicher Sitzung mit dem Thema befasst. Nachdem die Kirche als Projektpartner den Freistaat hinzugezogen habe, "stehe einer baldigen Realisierung nichts entgegen", so Christl Steinhart. Anders als bei einem privaten Investor, der sich auch für den Bau der Unterkunft beworben hatte, sei mit dem Freistaat einfacher auszuhandeln, dass die Stadt nach zehn Jahren wieder Zugriff auf das Gelände habe. "Wir können auf das Grundstück zwar im Moment verzichten, aber nicht auf Dauer", erklärte Christl Steinhart.

Bernhard Kellner ist jedenfalls über Irlstorfers Vorwürfe, die katholische Kirche engagiere sich nicht genug in der Flüchtlingsfrage, mehr als erbost. "Wir stellen allein 300 Asylsozialberater, die gäbe es sonst gar nicht, und halten das System damit am Laufen. Das Erzbistum stellt außerdem 1200 Unterkünfte für Flüchtlinge und mehrere Tausend freiwillige Helfer sind in ganz Bayern in allen Bereichen im Einsatz", zählte Kellner auf. Dem Bundestagsabgeordneten Irlstorfer empfehle er, sich mit seinen Wahlkreis zu beschäftigen "dann wüsste er auch, was sich da tut".

Irlstorfer indes versicherte am Mittwoch, er habe sich vor der Veranstaltung in Vötting sehr wohl über den Stand der Dinge informiert und er bleibt auch bei seiner Kritik. "Die Kirche ist hier, neben der Stadt Freising, einer der Verhandlungspartner und mir dauert das eben einfach zu lange. Für mich zählen die Ergebnisse." Außerdem müsse sich die katholische Kirche daran gewöhnen, auch einmal von der Politik kritisiert zu werden. "Wenn wir als Politiker von der Kirche Vorwürfe hören, sitzen wir auch nicht zu Hause und rufen juhu, aber das gehört zum Geschäft", sagte Irlstorfer. Es reiche nicht, wenn Erzbischof Reinhard Marx den ankommenden Flüchtlingen am Bahnhof die Hände schüttele. Da müsse mehr getan werden.

© SZ vom 03.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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