Kirchbergers Woche:Skandalöses Spardiktat

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Ein Kreiskrankenhaus darf die Bilanzen nicht über das Wohl der Patienten stellen

Von Johann Kirchberger

Eigentlich ist es ja recht lobenswert, wenn im Freisinger Krankenhaus mit seinen 353 Betten und 18 000 Patienten, die jährlich stationär aufgenommen werden, peinlich darauf geachtet wird, die Ausgaben unter Kontrolle zu halten. Alle Sparsamkeit hat aber ihre Grenzen, wenn es um das Wohl der Patienten geht. So kann man zwar müde darüber hinweglächeln, wenn etwa ein Blatt Toilettenpapier in der Klinik zu Sparzwecken eineinhalb Zentimeter kürzer ist als sonst üblich. Wenn aber an Krankenschwestern, Pflegern, Reinigungskräften und vor allem an Ärzten gespart wird, hört sich der Spaß auf.

Schon das Pflegepersonal fühlt sich hoffnungslos überlastet und ermuntert Patienten sogar zur offiziellen Beschwerde, weil sich sonst nie etwas ändert. Ärzte und Ärztinnen klagen zwar nicht laut, aber manche machen einen derart gestressten Eindruck, dass einem Angst werden muss. Da kann es schon mal vorkommen, dass eine Ärztin Fragen nur kurz angebunden beantwortet, weil noch zehn Patienten warten und sie ihren Zug erwischen muss. Dass am Samstag und Sonntag nur ein einziger Stationsarzt im Haus ist, der sich vor allem um Notfälle zu kümmern hat, ist inzwischen wohl üblich. Wiewohl Krankheiten keine Pause einlegen und kranke Menschen am Wochenende krank bleiben. An einem normalen Werktag freilich sollte die ärztliche Versorgung besser sein. Ist sie aber nicht immer.

Da kommt es schon mal vor, dass man bei der Aufnahme sechs Stunden in einem Gang liegt, weil auf einen Spezialisten gewartet werden muss. Noch offensichtlicher wird der Mangel angesichts der Tatsache, dass der Stationsarzt fast täglich wechselt und jeder einzelne bekennt, nur vertretungsweise eingesprungen zu sein. Auch das mag noch hinnehmbar sein. Wenn aber an einem normalen Wochentag zwölf Stunden lang kein Arzt aufgetrieben werden kann, um eine Kanüle zu legen, ist das ein Skandal. Fahrlässig wird in Kauf genommen, dass notwendige Infusionen nicht verabreicht werden können, fahrlässig wird die Gesundheit der Patienten aufs Spiel gesetzt. Verantwortlich sind nicht die Ärzte, die tun vermutlich ihr Bestes. Verantwortlich ist die Krankenhausgeschäftsführung, die nichts gegen diese Unterversorgung unternimmt, sie womöglich sogar bewusst in Kauf nimmt. Denn mehr Ärzte bedeuten höhere Kosten, und die müssen - auch auf Druck der Kommunalpolitiker im Aufsichtsrat - möglichst niedrig gehalten werden.

Natürlich ist es richtig, dass die Krankenkassen pro "Fall", wie Patienten inzwischen heißen, zu wenig bezahlen. Richtig ist aber auch, dass ein Krankenhaus in der Verantwortung des Landkreises kein Betrieb ist, der auf Gedeih und Verderb Gewinne erwirtschaften muss. Wichtigste Aufgabe eines Kreiskrankenhauses ist immer noch die bestmögliche Versorgung der Patienten und keineswegs ein positiver Geschäftsabschluss.

© SZ vom 21.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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