Kirchbergers Woche:Kuscheln kann teuer werden

Lesezeit: 2 min

Nicht alle Neuerungen des MVV stoßen im Landkreis auf Gegenliebe

Kolumne von Johann Kirchberger

Die Rechnungsprüfer des Landkreises haben jetzt errechnet, dass eine Erhöhung der Nutzungsgebühren für landkreiseigene Sporthallen um 25 Prozent notwendig sei, um weiterhin kostendeckend zu arbeiten. Der Schulausschuss aber - ein Vivat hoch - hat die Gebühren nur um zehn Prozent angehoben, aus Mitleid mit den Vereinen, weil die doch eh schon ausgequetscht werden wie eine Zitrone und sich noch höhere Gebühren einfach nicht mehr leisten können.

Möglicherweise haben sich die Kreisräte bei ihrer Entscheidung an den alten Grundsatz erinnert, wonach man eine Kuh nicht schlachten darf, die man melken will. Dazu passt, dass der Landkreis verstärkt Zweifach- statt Dreifachhallen baut - zuletzt für die neue Realschule in Lerchenfeld. Denn auch das hilft letztlich den Vereinen, dann kommen sie gar nicht erst in Versuchung, Geld für immer noch mehr Hallenflächen auszugeben. So viel Einfühlsamkeit, das ist bewundernswert, dafür müssen die Kreisräte einfach gefeiert werden.

Feiern lassen möchte sich auch die Flughafen GmbH. Weil die Zahl der Flugbewegungen im ersten Halbjahr schon wieder um 0,2 Prozent gestiegen ist. Gewitter hätten immer wieder für die Annullierung von Flügen gesorgt, klagte jüngst Flughafenchef Kerkloh, sonst hätte man viel mehr Jets nach oben schicken können. Das muss anders werden. Im nächsten Jahr muss etwas gegen diese Gewitter unternommen werden und wenn es dann endlich richtig aufwärts geht, dann steht dem Bau einer dritten Startbahn nichts mehr im Wege, sagt der Kerkloh. Außer diesen Münchnern vielleicht, die noch immer glauben, zwei Bahnen im Erdinger Moos seien ausreichend, um in Bayern den Wohlstand zu erhalten.

Auch die Betreiber der Münchner S-Bahn möchten sich feiern lassen und wollen deshalb in den nächsten zwei Jahren alle Züge modernisieren. Die Einstiegsbereiche sollen breiter, das Wageninnere heller, Abstellflächen für Gepäck geschaffen und Kuschelecken eingerichtet werden. Noch ein Fortschritt: Haltegriffe sollen nicht mehr an der Decke, sondern am Boden angebracht werden. Weil es so viele kleine Menschen gibt. Nicht mehr geben soll es diese hässlichen und ständig überfüllten Müllbehälter unter den Fenstern, die so schön klappern. Aus Gründen der Sauberkeit. Denn wo kein Müllbehälter ist, kann auch keiner vollgestopft werden. Und wenn der Abfall nun auf dem Boden landet, Bananenschalen zum Beispiel, und jemand ausrutscht, dann kann er sich ja an den Haltegriffen im Tiefparterre festhalten.

Das gesamte Tarifsystem wird übrigens auch geändert und viel einfacher und preisgünstiger. Ist ja eh klar. Statt in vier Zonen und 16 Ringe wird das MVV-Gebiet dann in sechs Ringe eingeteilt. Mit einer Ausnahme, Moosburg kommt in einen siebten Ring, weshalb eine Tageskarte dann 16 statt wie bisher 13 Euro kosten wird. Die monatliche "Isarcard 9 Uhr" wird sogar um 24 Euro teurer. Die Freisinger brauchen jetzt nicht grinsen. Sie haben zwar auf ihrem Weg in die Münchner Innenstadt nur fünf Ringe zu durchqueren, zahlen aber für ein Tagesticket auch 1.40 Euro mehr als bisher. Es hat eben alles seinen Preis und diese intelligenten Fahrscheinautomaten, die wohl bald nur noch mit dem Smartphone zu bedienen sind, kosten eben. Und eine passende App dazu gibt es bestimmt auch schon. Und wer so etwas nicht hat? Der muss eben allein in seinem Auto sitzen und darf nicht mit den anderen S-Bahnfahrern kuscheln. Strafe muss ein.

© SZ vom 14.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: