Kirchbergers Woche:Club Award und Beef Briskets

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Modern ist, was aus Amerika zu uns herüber schwappt

Von Johann Kirchberger

Wer als bunt geflecktes Hausrind oder gar als Bison auf die Welt kommt, fühlt sich in der Regel auf den saftigen Wiesen in Bayern wohl. Wer unentwegt Kaugummi kaut, gleicht zwar von der Physiognomie her einem Wiederkäuer, ist aber eher ein Anhänger der amerikanischen Lebensart. Nun ist es ja so, dass alles, was in Amerika vorgelebt wird - nicht nur das Kaugummikauen - über kurz oder lang über den großen Ozean zu uns herüberschwappt.

Vor allem im Bereich des Sports zeigt sich immer wieder, was ein Anglizismus, richtig vermarktet, alles bewirken kann. Aus Turnen, Laufen, Rollschuhfahren, Kegeln, Bergradeln und Klettern wird Aerobic, Jogging, Skating, Bowling, Mountain-Biking und Bouldern - und der sportbegeisterte Konsument ist begeistert. Da verwundert es nicht, dass sich auch der brave Freisinger Stadtverband für Sport einen fortschrittlichen und modernen Anstrich geben will und deshalb alljährlich einen Club Award vergibt, wenn er einen Verein, warum auch immer, auszeichnet. Nach Hollywood-Vorbild werden stets drei Vereine nominiert und einer ist der Winner. Bravo.

Auch beim Umbau der Freisinger Innenstadt macht sich zusehends amerikanischer Einfluss bemerkbar. So hat die Stadt schon vor Jahren einen Fitnessplan für die City entworfen, dann einen City-Manager eingestellt und der Verein Aktive City stellt jetzt die entsprechenden Pläne für den Umbau der City in einem Pop-up-Store vor. Nur der Historische Verein verweigert sich standhaft dem neuen Zeitgeist und will sich auch künftig dem Erhalt der Altstadt und nicht der City widmen.

Ansonsten aber gehen Kinobesucher längst in ein Cineplex, wer zum Baden will, steigt in einen Pool, bevor Winter oder Sommer kommen gibt es in den Geschäften einen Sale und wer eine Eintrittskarte kauft, tut das in der Touristinformation. Wenigstens hat die Frisur von Donald Trump bisher keine Nachahmer gefunden.

Wenn Kabarettist Gerhard Polt über Fresh-Air-Snapping und Mushroom-Searching in Bad Hausen spottet, hat er zwar die Lacher auf seiner Seite, doch sein Publikum zieht sich nach der Vorstellung unbeeindruckt einen Smoothie rein oder verdrückt mit Genuss einen Cheeseburger. Beim Airbräu am Flughafen wird am 1. Mai ein leckeres Mayday angestochen, was immer das sein mag, und im Freisinger Stadtteil Neustift wirbt seit geraumer Zeit eine alteingesessene bayerische Wirtschaft mit einem Bavarian BBQ aus dem Smoker. Auf der Speisekarte wird unter anderem ein Gericht angeboten, das der Wirt Ribs & Brisket Dinner nennt. Half Slab and Beef Brisket steht als Erklärung in Klammern dahinter, damit der Gast auch weiß, was er isst. Klingt ein wenig so wie Briketts. Hoffentlich schmeckt es nicht auch so.

Der Müll heißt zwar bei uns immer noch Müll, gleichwohl wird die Abfallbeseitigung im Landkreis immer bunter. Es gibt graue Tonnen für den Restmüll, braune Tonnen für den Bioabfall, grüne Tonnen für das Altpapier und gelbe Säcke für den Verpackungsmüll. Neuerdings gibt es auch noch eine rote Tonne. Die steht bisher allerdings nur auf den Wertstoffhöfen und ist für die Aufnahme von leeren Druckerpatronen und digitalen Datenträgern gedacht. Damit kann der Landkreis, anders als mit Papier, wohl noch gute Geschäfte machen. Langsam aber, so scheint es, gehen dem Landkreis die Farben für die Tonnen aus. Blau gibt es noch nicht. Aber blau ist ja auch eher ein Zustand.

© SZ vom 30.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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