Kirchbergers Woche:Autos überall

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Alles wird schlecher, auch die Verkehrsmoral

Von Johann Kirchberger

Alles wird schlechter, leider auch die Verkehrsmoral. So werden zwar immer mehr Schilder mit Hinweisen und Verboten entlang der Straßen aufgestellt, aber immer weniger Autofahrer nehmen sie zur Kenntnis. Park- und Halteverbote werden eher als Empfehlung, denn als zwingend angesehen. Dass die Packerlfahrer meist auf Gehwegen anhalten, wie jüngst bei einer Bürgerversammlung beklagt wurde, ist richtig. Diese Packerlfahrer aber, deren Vollbeschäftigung durch den Internet-Bestell-Wahnsinn gesichert scheint, bleiben nicht lange stehen und fahren bald weiter.

Anders ist das mit jener Spezies von Autofahrern, die ohne Rücksicht auf irgendwelche Vorschriften ihre Fahrzeuge dort abstellen, wo sie es gerade für richtig und vor allem für sie wichtig erachten. Da wird direkt unterhalb von Halteverbotsschildern oder auf Gehsteigen geparkt, wenn es die Situation erfordert, auch mal mitten auf dem Marienplatz, in Bushaltestellen oder in abgesperrten Baustellenbereichen. Auch in engen Gassen werden Autos abgestellt, in Einbahnstraßen sogar entgegen der Fahrtrichtung. Man könne nicht überall und permanent alles kontrollieren, hat Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher gesagt, aber immerhin versprochen, dass die Stadt demnächst mehr Verkehrsüberwacher einstellt. Vor allem abends und an den Wochenenden nämlich, wenn die meistens Kontrolleure ihren Feierabend genießen, nutzen Autofahrer jede Chance, ihre Karre verbotswidrig abzustellen.

Derzeit wird die Innenstadt umgebaut. Bis 2023 sollen der niveaugleiche Ausbau abgeschlossen und alle Gehsteige verschwunden sein. Parken ist dann zwar von der Heiliggeistgasse über die Untere zur Oberen Hauptstraße verboten, es wird auch keine Haltebuchten mehr geben, die Zufahrt ins Zentrum aber wird weiterhin möglich sein, schon wegen der Busse und Anlieger.

Das Ziel, eine weitgehend autofreie Zone zu schaffen, wird dadurch aber nur schwer zu erreichen sein. Durch die Umbauten nämlich wird auch das Straßenprofil verbreitert und es entstehen Räume, die sich wunderbar als Abstellflächen eignen. Dazu zählt vermutlich auch die dann ausgewiesene Fußgängerzone von der Amtsgerichts- zur Ziegelgasse. Da dürfte es fast an ein Wunder grenzen, wenn die Freisinger Autofahrer solche Angebote nicht nutzen würden. Nein, die Situation wird sich nicht verbessern, sondern, so steht zu befürchten, eher noch verschlimmern.

Ein zusätzliches Parkhaus im Westen der Stadt, auf dem ehemaligen Kriechbaumgelände, das schon lange geplant ist, dessen Realisierung aber nicht richtig vorwärts kommt, wird da auch nicht viel ändern. Denn erstens muss man in einem Parkhaus zahlen, zweitens anschließend auch noch ein paar Schritte tun. Wirklich helfen dürfte wohl nur, wenn die Stadt die Zufahrt ins Zentrum wieder rigoros mit Poller absperrt, die nicht umfahren werden können und/oder permanent kontrolliert. Aber das geht nicht, hat der Oberbürgermeister gesagt. Also Augen zu und durch und hoffen, dass sich die Verkehrsmoral eines Tages doch bessert, zumindest ein klein wenig.

© SZ vom 21.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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