Kirchbergers Woche:Alles eine Frage des Standortes

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Wie die Straßenausbaubeitragssatzung Angst und Schrecken unter Haus- und Grundbesitzern verbreitet

Von Johann Kirchberger

Straßenausbaubeitragssatzung, ein Wortungetüm, das Haus- und Grundbesitzern Angst und Schrecken einjagt. Aber nicht in allen bayerischen Städten und Gemeinden gibt es eine Straßenausbaubeitragssatzung. Die einen nämlich dürfen und können es sich leisten, darauf zu verzichten - München etwa oder Hallbergmoos - , die anderen sind etwas nachlässig bei der Erhebung, und schließlich sind da noch welche, die verzichten einfach auf den frostsicheren Ausbau ihrer Straßen, verzichten auf Geh- und Radwege und jeglichen anderen Schnickschnack wie Parkbuchten, Blumeninseln und eine exklusive Beleuchtung. Die Löcher zuteeren und fertig, das tut's auch. Die Anlieger sind damit zufrieden, kostet nix.

Dort aber, wo konsequent um- und ausgebaut wird, wo satzungsgemäß abgerechnet wird und die Gemeinden finanziell nicht so auf Rosen gebettet sind, da ist der Ärger groß, wenn die Bagger anrücken. Erst nämlich haben die Anlieger monatelang Umleitungen, Staub und Dreck auszuhalten, dann wird ihnen auch noch kräftig in die Taschen gelangt. Sehr kräftig manchmal. Das Bayerische Fernsehen berichtete neulich über den Besitzer eines Eckgrundstücks in der Gemeinde Waal, der 135000 Euro zahlen soll.

Freising gehört zu den Städten, denen es die Kommunalaufsicht nicht erlaubt, und die sich auch nicht trauen, auf solche Einnahmen zu verzichten, weil sonst alle Fördermittel gekürzt werden. Außerdem wird in Freising das Geld rasch eingetrieben und es wird gerne gebaut. In der Innenstadt etwa, aber nicht nur da, und deshalb gehen bei den Stadträten ständig Briefe von besorgten Hausbesitzern ein, die Abgaben bis zu 70000 Euro befürchten.

Den Leuten so viel Geld abzuknöpfen mache keinen Spaß, hat Stadtdirektor Koch erklärt. Das Geld auf den Tisch zu blättern, wenn sie es denn überhaupt aufbringen können, macht aber bestimmt auch den Betroffenen keine Freude. Etwas ändern könnte der Landtag, aber der will nicht so recht. In der vordersten Linie der Geldeintreiber steht da ausgerechnet der Freisinger Abgeordnete Florian Herrmann als Vorsitzender des Ausschusses für kommunale Fragen. Die Hausbesitzer würden schließlich von verbesserten Straßen profitieren, hat er gesagt, weil dadurch der Wert ihrer Objekte steige. Auch wenn das richtig sein sollte, von diesem Wertzuwachs profitiert nur, wer sich mit Verkaufsabsichten trägt.

Wer macht die ganzen Straßen eigentlich kaputt? So könnte man fragen. Die Anwohner, die einmal am Tag aus ihrer Garage raus und einmal rein fahren? Oder sind das nicht eher die schweren Lastwagen, die großen Busse, der Liefer- und der Durchgangsverkehr? Bräuchten wir da nicht längst so etwas wie eine Städtemaut? Der Ruf nach Mautminister Alexander Dobrindt kommt zu spät, der ist nicht mehr im Amt.

Deshalb nun haben die Freisinger Stadträte lange überlegt und nach einem Ausweg aus der Misere gesucht. Herausgekommen ist auch etwas. Um unbillige Härten zu vermeiden, soll die Verwaltung ein Modell für Ratenzahlungen erarbeiten. Für alle Anlieger, ohne dass diese zuvor einen Offenbarungseid leisten müssen. Stundung und Verrentung für jedermann, hat es Stadtrat Uli Vogl formuliert. Hört sich nicht so schlecht an, jetzt schauen wir mal, was in der Praxis dabei herauskommt und ob sich Hausbesitzer künftig weniger fürchten müssen, wenn der Stadtrat den Ausbau ihrer Straße in Betracht zieht.

© SZ vom 25.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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