Keine Frau wird abgewiesen:Run auf die Kreißsäle

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Babys liegen zusammen auf der Neugeborenenstation im Krankenhaus. Getrennte Säuglingszimmer sind heute die Ausnahme. (Foto: Waltraud Grubitzsch/dpa)

Weil überall in der Nachbarschaft ein Mangel an Hebammen herrscht, interessieren sich immer mehr Schwangere für eine Geburt in Freising. Hier haben die Verantwortlichen "alles im Griff"

Von Gudrun Regelein, Freising

Im Freisinger Klinikum stellen sich die Verantwortlichen auf steigende Geburtenzahlen ein. Der Grund: Bei den Nachbarn im Klinikum Erding können wegen akuten Hebammenmangels bis mindestens Oktober keine natürlichen Geburten mehr begleitet werden. Babys können hier nur noch durch geplante Kaiserschnitte auf die Welt kommen. Schuld daran sind "schwerwiegende Personalengpässe" - zuletzt gab es ist Erding nur noch sieben Beleghebammen, wie das dortige Klinikum meldet. Schwangere aus Erding und dem Landkreis müssen daher zwangsläufig auf andere Geburtskliniken ausweichen - und immer mehr meldeten sich zuletzt auch im Freisinger Klinikum für eine Geburt an.

40 Frauen haben das bereits getan, 40 weitere hätten ihr Interesse bekundet, berichtete Geschäftsführer Andreas Holzner kürzlich im Freisinger Kreistag. "Wir versuchen, zusätzliche Schwangere unterzubringen", sagte Holzner. Gerechnet werde mit 30 zusätzlichen Geburten im Monat - was die Kapazitäten der Kreißsäle an ihre Grenzen stoßen lasse.

Beate Giesing, leitende Hebamme im Klinikum Freising, kommt gerade aus dem Kreißsaal. Seit in Erding nur noch Kaiserschnitte gemacht werden könnten und Schwangere dort auch nicht mehr behandelt würden, herrsche in Freising ein "ständiges Kommen und Gehen", sagt sie: "Es ist nicht mehr so ruhig, wie gewohnt." Drei bis vier Frauen können im Freisinger Klinikum gleichzeitig versorgt werden, am Tag seien aber bis zu sieben Geburten möglich. Grundsätzlich, sagt Giesing, sei die wachsende Zahl der schwangeren Frauen kein Problem. Andere Kliniken würden die Aufnahmezahl limitieren - "wir machen das nicht". Keine Frau müsse abgewiesen werden. Es gebe eher Probleme, diese dann adäquat auf der Station unterzubringen.

Dass in Freising trotz ständig wachsender Geburtenzahlen alles funktioniere, sei sicher dem guten Arbeitsklima zu verdanken, erklärt Giesing. Gemeinsam mit der Geschäftsführung seien gute Bedingungen geschaffen worden. So zahle das Klinikum den Hebammen eine Bereitschaftspauschale. "Wir haben alles im Griff", findet Giesing. "Auch wenn immer mehr Frauen in unseren neuen, modernen Kreißsälen entbinden wollen." Sogar Anfragen aus Unterschleißheim gebe es inzwischen.

Im vergangenen Jahr sind im Freisinger Klinikum 964 Kinder zur Welt gekommen. In den drei Kreißsälen sind insgesamt elf Beleghebammen tätig - zwei haben immer gleichzeitig Dienst, berichtet Kliniksprecher Christoph Wenzel. "Wir freuen uns, dass wir diese Zahl an Hebammen haben", betont er. Weshalb an anderen Kliniken nur so wenige Hebammen bereit sind zu arbeiten, weiß auch er nicht. In Freising gebe es ein "konstruktives und gutes" Miteinander. Die wachsende Zahl an schwangeren Frauen, die sich im Freisinger Klinikum melden, beunruhigt auch ihn nicht: "Wir werden das handeln können", sagt er. "Alle Schwangeren können aufgenommen werden." Das sei dem hohen Engagement aller Beteiligten - in erster Linie der Hebammen - zu verdanken, betont der Sprecher.

Rund um München dagegen ist die Situation angespannt: Viele Geburtshilfeabteilungen hätten entweder ganz geschlossen oder würden nur noch mit halber Kraft arbeiten, berichtet Annette Fußeder, Hebamme und Leiterin des Elternzentrums Freising. Hauptgrund sei der Hebammenmangel: Gerade für in Teilzeit arbeitende Hebammen sei es nicht mehr wirtschaftlich, in der Geburtshilfe zu arbeiten, da hier die Versicherungsprämien extrem hoch seien. Viele der Kolleginnen seien deshalb nur noch in der Vor- und Nachsorge mit den geringeren Versicherungsbeiträgen tätig.

© SZ vom 01.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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