70 Jahre Volkshochschule:Allen Widrigkeiten getrotzt

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Als die Freisinger Volkshochschule 1948 gegründet wurde, gab es in der Stadt kritische Stimmen. Später hatte sie mit Geldproblemen zu kämpfen. Dennoch kann die VHS heute auf eine 70-jährige Erfolgsgeschichte zurückblicken

Von Lea Förster, Freising

Bereits 1919 nach dem Ende des Ersten Weltkrieges entwickelte sich in Teilen der deutschen Gesellschaft der Wunsch nach mehr Bildung. Vor allem nach Bildung, die nicht mit dem Schulabschluss oder der Ausbildung endet. Bald darauf gründeten sich kleine Bildungseinrichtungen, die sich nun auch an Erwachsene richteten. Die große Gründungswelle von Volkshochschulen (VHS) folgte jedoch erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Damals wurde auch die Freisinger VHS ins Leben gerufen, die nun ihr 70-jähriges Bestehen feiert und derzeit mit einer Ausstellung zu einer Zeitreise einlädt.

Auf Jahre voller Elend und Fremdbestimmtheit reagierte ein großer Teil der Gesellschaft nach dem Krieg mit einem enormen Wissensdurst. Das Ideal von Demokratie steht in enger Verbindung zur Entwicklung der Volkshochschulen. Chancengleichheit sowie das Recht auf Bildung gelten auch heute noch zu den wichtigsten Leitpunkten der Volkshochschulen.

Die Anfänge waren schwer. Auch in Freising gab es laute Gegenstimmen, die einer geplanten VHS keine gute Zukunft prophezeiten. Dem zum Trotz wurde am 13. Oktober 1948 unter der Leitung von Professor Wilhelm Wühr das "Volksbildungswerk Freising" gegründet. Da noch kein eigenes Haus zur Verfügung stand, mussten die neun Veranstaltungen in andere Räume verlagert werden. Bereits im Frühsommer 2019 war das Angebot um zehn Veranstaltungen erweitert worden, unter anderem mit einem Kurs für Englisch als Fremdsprache. Nach dem Tod Wührs 1950 übernahm Rektor Weißauer die Leitung, die nur von zwei ehrenamtlich tätigen Vorsitzenden gestützt wurde. Mit dem Aufgreifen aktueller Themen wie der Atomphysik stieg die Nachfrage. Die Erweiterung forderte schließlich ein Umdenken in der Organisation. Um den hohen Qualitätsstandard beibehalten zu können, forderte der Vorstand mehr Zuschüsse von der Stadt. Auch Lehrer der örtlichen Schulen engagierten sich bald. Unter Annemarie Becker-Freyseng, der ersten hauptamtlichen Leiterin, bezog die Volkshochschule 1978 Kursräume im Eckherhaus. Zum Ende der 1980er Jahre umfasste das Angebot rund 700 Veranstaltungen, die sich mit aktuellen Themen wie EDV und Gesundheit beschäftigten.

Aus dem Rettungspaket für Volkshochschulen erhofft sich der Freisinger VHS-Leiter Oliver Dorn 90 000 Euro. Das würde helfen, die massiven Einbrüche finanziell zu verkraften. (Foto: Stephan Goerlich)

Im Jahr 1990 stellte die Stadt der Bildungseinrichtung das Haus an der Kammergasse 12 zur Verfügung, wo sie sich bis heute befindet. Seit 1992 ist Oliver Dorn als Geschäftsführer für die Organisation verantwortlich. Durch einen Gerichtsbeschluss im selben Jahr verschlimmerte sich die finanzielle Lage, da die Stadt nun fast alleine für Zuschüsse aufkommen musste. Dieser Einbruch wurde schließlich durch Kooperationen mit Sponsoren aufgefangen. Beeinflusst durch die Digitalisierung in der Gesellschaft, ist die Volkshochschule seit ihrem 50-jährigen Bestehen auch im Internet vertreten. In den Jahren 2001 bis 2008 stand die Einrichtung aufgrund von Haushaltskürzungen erneut vor finanziellen Problemen. Diskussionen über den Bildungsauftrag und die Rentabilität einiger Programmpunkte wurden durch die Standhaftigkeit der Leitung unter Dorn und Thomas Claus zerschlagen.

2002 war das absolute Rekordjahr der Volkshochschule. Das Angebot umfasste 1649 Kurse, die insgesamt mehr als 20 000 Teilnehmer besuchten. Trotz weiterer Schwierigkeiten ist die Volkshochschule bis heute erfolgreich. Durch ihre komplexe Bildungsarbeit ist sie mittlerweile fest in Freising etabliert und erhält seit 2013 sogar höhere Zuschüsse von der Stadt. Die Einrichtung hat sich gesellschaftlichen Entwicklungen stets angepasst und dadurch ein modernes Image erarbeitet.

Verwaltungsleiterin Stefanie Schwegler und Geschäftsführer Oliver Dorn feiern mit der Volkshochschule Freising heuer deren 70-jähriges Bestehen. (Foto: Stephan Görlich)

Dorn blickt auf eine 26-jährige Amtszeit als Geschäftsführer zurück. Jährlich organisiert er die rund 900 angebotenen Kurse. "Die Freisinger sind recht neugierig", gibt Dorn an. Während früher meist Frauen und hauptsächlich ältere Leute das Angebot der Volkshochschule in Anspruch nahmen, sind es aktuell vor allem Frauen im mittleren Alter oder aber junge Männer zwischen 25 und 35 Jahren, die Interesse zeigen. Dorns Plan war es eigentlich, nur für fünf Jahre in der Einrichtung zu arbeiten. Nun ist er froh, dass es anders gekommen ist. "Ich bin jetzt schon so lange da und immer noch Feuer und Flamme", schwärmt er.

© SZ vom 21.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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