25 Jahre Frauenhaus Freising:Schutz vor dem Peininger

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Start in ein neues Leben: Eine Frau blickt aus dem Fenster eines Frauenhauses (Symbolbild). (Foto: dpa)

Die Scham ist groß, doch häusliche Gewalt ist keine Privatsache. Mitarbeiterinnen der Freisinger Einrichtung helfen betroffenen Frauen. Wer den Mut hat aus einer Gewaltbeziehung zu fliehen, hat dort die Chance auf ein neues Leben.

Von Rebecca Seeberg, Freising

Man kann sich schwer vorstellen, dass diese quirlige, warme und redselige Frau eine tragische Vergangenheit hat. Sieht man genauer hin, bemerkt man manchmal wie ihr Blick abschweift, als erinnere sie sich an ein früheres Leben - ein Leben, dem sie nur durch ihren Aufenthalt im Frauenhaus Freising entfliehen konnte, das in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiert. Denn vor nicht allzu langer Zeit war Eva Weber (Angaben zur Person geändert) Opfer häuslicher Gewalt.

Ihr Lebenspartner kontrollierte jeden ihrer Schritte und übte regelrechten Psychoterror aus. Ihre Tochter, die aus einer anderen Beziehung stammt, litt mit. "Horror pur", so beschreibt Weber ihre damalige Situation - und das für mehrere Jahre. Warum sie so lange geblieben ist? "Die Angst", sagt sie, es sei die Angst gewesen, die ihre Gedanken so unbeweglich gemacht hätten. Ihr sei klar gewesen, dass sie fliehen müsse, doch gleichzeitig habe ihr Mann genau gewusst, wie er sie kleinkriegen konnte. Schließlich wurde sie von Bekannten rausgeholt. "Wir sind in 15 Minuten da", hieß es damals. Daraufhin habe sie ihre wichtigsten Unterlagen mitgenommen, drei Taschen gepackt und weg war sie.

Ohne die Zwischenstation hätte sie ihrem Peiniger nie entfliehen können

"Mein Leben hat da eine völlig neue Wendung genommen", erzählt die schlanke Frau noch mit leichtem Staunen. Endlich schaffte sie den Weg weg von der lähmenden Angst, hin zu einem selbstständigen Leben. "Man muss die Änderung wirklich wollen", das sei ganz wichtig, erklärt Weber. Doch ohne die Zwischenstation im Freisinger Frauenhaus hätte sie ihrem Peiniger nie entfliehen können, vor allem, da sie weder Freunde, noch Familie hatte, die sie und ihre Tochter dabei unterstützt hätten. "Jeder Frau, die eine solche Situation erleiden muss, kann geholfen werden", versichert Ulrike Friedrich, kommissarische Leiterin des Frauenhauses. Ob nun durch einen Aufenthalt in ihrer Einrichtung oder eine anderweitige Unterbringung im Helfersystem. Denn auf einen Platz im Frauenhaus habe niemand einen Rechtsanspruch.

Eva Weber erzählt dankbar vom Leben in dieser Wohngemeinschaft. Ganz wichtig sei für sie gewesen, dass sie sich dort sicher fühlen konnte. Denn mit ihrer Bitte um Hilfe habe sie eine Art "Rundumversorgung" bekommen. Bis heute wird Eva Weber geschützt, in Notsituationen unterstützt. Das Frauenhaus schütze sowohl durch Anonymität, als auch durch psychologische Unterstützung und Beratung der Frauen, erklärt Friedrich. Auch in Rechtsstreitigkeiten aller Art stehe ihnen das Team zur Seite. Und das ist nötig, denn oft haben die Frauen nicht nur gegen starke Ehemänner, sondern auch Väter zu kämpfen.

"Es ist gut, dass ihre Mama jetzt selbstbewusster ist"

Eva Webers Peiniger ist zwar nicht der Vater des Mädchens - trotzdem musste ihre Tochter unter ihm leiden. "Kinder vergessen nicht", erklärt sie, plötzlich mit einer bitteren Klarheit in den Augen. "Es ist gut, dass ihre Mama jetzt selbstbewusster ist", sagt sie. So könne sie wieder unbeschwert Kind sein. "Ich war eine starke Frau", erzählt sie. Trotzdem habe sie mehrere Jahre mit einem gewalttätigen Mann zusammen gelebt. "Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass der Mann nicht wieder zuschlägt, wenn sie alles richtig machen", so Ulrike Friedrich über die Situation, in der viele ihrer Schützlinge stecken. Die durchschnittliche Verweildauer in einer Gewaltbeziehung betrage sieben Jahre. Mangelndes Rechtsverständnis seitens der Frauen, sowie teilweise auch mangelnde Deutschkenntnisse täten ihr Übriges.

Um den Frauen beim Wiedererlangen ihrer Selbstständigkeit zu helfen, werden sie bei der Arbeitssuche und auch bei der Wohnungssuche unterstützt. Dabei sei aber auch eine Portion Selbstinitiative gefragt, denn vor allem in Freising sei bezahlbarer Wohnraum ein Problem, erklärt Weber. Seit einiger Zeit wohnt sie nun schon mit ihrem Kind in einer kleinen Wohnung. Wenn sie heute ihre Tochter betrachtet, dann tut sie das mit einem gelösten Lächeln. "Es gibt so viele Opfer", stellt Weber fest, so viele Frauen, die sich nicht trauten, den Schritt zu tun, für den auch sie lange gebraucht habe. "Es gibt Frauenhäuser und die helfen", unterstreicht sie und ermutigt Leidensgenossinnen, es ihr gleich zu tun.

© SZ vom 01.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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