Informationen zum Asylrecht:Wissen hilft weiter

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Anwältin Iris Ludwig klärt etwa 250 Flüchtlinge und ehrenamtliche Helfer über die gängige Abschiebepraxis bei Asylbewerbern aus Afghanistan auf. Wer einen Ablehnungsbescheid bekommt, soll gegen diesen klagen

Von Katharina Aurich, Freising

Die Abschiebepraxis im Freistaat verunsichert afghanische Flüchtlinge und ehrenamtliche Helfer. Kein Wunder also, dass viele von ihnen an der Informationsveranstaltung "not safe" im Kardinal-Döpfner-Haus teilgenommen haben. Der Bayerische Flüchtlingsrat hatte diese zusammen mit der katholischen Bildungsstätte organisiert. Da Flüchtlinge aus Afghanistan zunehmend von Abschiebung bedroht seien und viele zur Zeit ihren abgelehnten Asylantrag erhalten würden, sei der Informationsbedarf groß, sagte Nadine Kriebel vom Flüchtlingsrat.

Die Münchner Rechtsanwältin Iris Ludwig informierte die etwa 250 Zuhörer über die rechtlichen Vorgaben, ihren Vortrag hat Homa Samawaki auf Dari übersetzt. Danach durften die Betroffenen Fragen stellen und davon gab es sehr viele. "Wir brauchen dieses Hintergrundwissen, um unseren Schützlingen zu helfen", betonte Jan Kurschewitz vom Helferkreis "Wippenhauser Straße" in Freising.

Anwältin Ludwig schilderte, dass immer mehr junge Männer abgelehnt würden, Familien aus Afghanistan hätten bessere Chancen, anerkannt zu werden. Allerdings gebe es Fälle, in denen 16-jährige Jugendlicher mit ihrer Familie in Deutschland angekommen sind. Das Asylverfahren dauere bis zur Entscheidung zwei Jahre, dann sei der Jugendliche 18 Jahre alt und von Abschiebung bedroht, während die Familie bleiben könne. Die Anwältin empfahl den Geflüchteten bei ihrer Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) darauf zu achten, dass ihre Dolmetscher wirklich gut übersetzen. Es komme häufig vor, dass Angaben falsch wiedergegeben würden. Die Flüchtlinge hätten das Recht, einen Dolmetscher abzulehnen und einen anderen zu verlangen, sagte die Anwältin. Und sie empfahl, das Protokoll genau zu überprüfen, ob es tatsächlich stimme. Frauen hätten zudem das Recht auf eine Dolmetscherin. Grundsätzlich könne immer eine Vertrauensperson zur Anhörung mit genommen werden, sagte die Anwältin. Dies bestritt eine Zuhörerin. Ihrer Erfahrung nach sei dies von der Behörde abgelehnt worden.

Die Anwältin ging näher auf die Diagnose psychischer Störungen ein und appellierte an die Helfer, sich bei Ärzten dafür einzusetzen, dass die Flüchtlinge ein ausführliches Attest zur Vorlage bei der Behörde erhielten. Häufig sind Geflüchtete traumatisiert, haben Schlafstörungen oder Angstzustände. Diese Symptome müssten bei der Prüfung des Asylantrags berücksichtigt werden, betonte die Anwältin. Wenn jemand an einer Erkrankung leide, die im Herkunftsland nicht zu behandeln und es absehbar sei, dass sich der Zustand des Geflüchteten nach seiner Abschiebung lebensbedrohlich verschlechtere, müsse dies für eine Anerkennung berücksichtigt werden, sagte Ludwig. Dasselbe treffe auf die Versorgungslage zu, im Moment geht die Behörde laut Ludwig davon aus, dass die Lebensmittelversorgung in Afghanistan für Familien so schlecht sei, dass die Gefahr bestehe, an Verelendung zu sterben.

Bei alleinstehenden Männern gehe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass sie es "gerade so" schaffen würden, mit Tee und Brot zu überleben, schilderte die Anwältin die Praxis in Bayern. Wer einen Ablehnungsbescheid erhalte, solle klagen, empfahl sie den afghanischen Flüchtlingen. Während des Verfahrens darf niemand abgeschoben werden. Für die Einreichung der Klage ist kein Anwalt nötig. Der Betroffene könne mit dem Ablehnungsbescheid des BAMF zum Gericht gehen, wo dann die Klage aufgesetzt werde.

Wer sich in einer Ausbildung befindet, ist zunächst einige Jahre vor einer Abschiebung geschützt. Ausführlicher ging die Anwältin auf die sogenannte Identitätsklärung ein. Niemand dürfe von einem abgelehnten Flüchtling, der sich im Klageverfahren befinde, verlangen, sich mit den Behörden in seinem Herkunftsland in Verbindung zu setzen. "Man darf niemandem einen Strick daraus drehen, wenn er keine Papiere hat", stellte Ludwig klar. Die Identitätsklärung sei aber schicksalhaft, denn um zu arbeiten, müssten die Flüchtlinge dazu beitragen, Papiere zu beschaffen. Aber wer als Flüchtling abgelehnt ist, kann nur mit Pass oder einer Identitätsbescheinigung abgeschoben werden, ohne Papiere werde niemand in ein Flugzeug gesetzt, betonte die Anwältin.

© SZ vom 09.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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