Imkern als Hobby:Honig im Kopf

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Immer mehr Hobby-Imker im Landkreis Freising halten sich Bienen und produzieren Honig. (Foto: dpa)

Immer mehr Menschen werden zu Hobby-Imkern und verkaufen ihr Produkt in Kleinmengen. Professionelle Imker sehen diesen Trend skeptisch. Sie befürchten, dass sich unter den Bienenvölkern Krankheiten ausbreiten

Von Gudrun Regelein, Freising

"Original Freisinger Altstadthonig" steht auf dem kleinen Schild. Und darunter: "Exklusive Spezialität gesammelt über den Dächern von Freising." Seit etwa eineinhalb Jahren habe sie den in einem hellen Gold leuchtenden Honig im Sortiment, er sei beliebt und verkaufe sich gut, erzählt Marianne Lang, Besitzerin des Kasdandler in Freising. Honig sei im Trend, auch in ausgefallenen Kombinationen: "Probieren Sie einmal Kastanienhonig oder Akazienhonig mit Käse", rät sie. Eine Geschmacksexplosion sei das, wenn auch zunächst vielleicht mancher geschmacksintensiver Honig gewöhnungsbedürftig sei: "Man muss sich reinessen."

Die Hobby-Imkerei sei ein "totaler Hype", sagt die Freisingerin Viktoria Schmidt. Sie ist mit Bienen groß geworden, die Bienenhaltung und Landwirtschaft habe in ihrer Familie eine große Tradition, erzählt die 27-Jährige. Aber erst vor vier Jahren besuchte sie einen Imker-Kurs und hat nun selber drei Bienenvölker. Die stehen - gemeinsam mit etwa 25 anderen Völkern des Freisinger Imkervereins - auf einem "unglaublich schönen" Grundstück des Vereins in Neustift. Der Honig ihrer Bienen, etwa 100 Kilogramm sind das im Jahr, schmecke im Frühjahr ein bisschen nach Raps und im Herbst nach Linden, erzählt sie. Viktoria Schmidt ist nicht alleine, immer mehr Hobby-Imker halten sich Bienen - auch in Freising. Alleine in ihrem Verein gebe es über 80 Mitglieder, im Großraum München seien etwa 1000 Hobby-Imker aktiv. "Es ist eine sehr naturnahe Freizeitbeschäftigung. Inspirierend und beruhigend - fast schon meditativ", erklärt die junge Freisingerin. Auch in ihrer Masterarbeit hat sich die Produktdesignerin mit dem "wichtigen Nutztier" beschäftigt - Thema war das Zusammenleben von Menschen und Bienen. Daraus entsprang dann auch die Idee für die Plattform "nearBees": "Ich habe mir überlegt, wie man die Imker und Menschen, die gerne guten Honig konsumieren, zusammenbringen könnte." Anfang 2015 wurde das Unternehmen mit Ziel, den Honigverkauf radikal zu vereinfachen, schließlich gegründet. Insgesamt haben sich bereits 400 Imker auf der Plattform angemeldet, aus Freising kann man dort bald wieder den Honig von Viktoria Schmidt bestellen. "Mit nearBees wollen wir aber nicht nur den Imkern bei der Vermarktung unter die Arme greifen. Wir wollen auch dazu beitragen, dass die Arbeit der Imker wieder mehr wertgeschätzt wird", betont Viktoria Schmidt. Tatsächlich gebe es immer mehr Interessenten, vor allem auch Frauen, die Imker werden möchten, sagt Josef Birgmeier, Vorsitzender des Kreisverbandes Imker Freising, der die Imkerjungausbildung übernimmt. Teilweise gebe es sogar mehr Anmeldungen als freie Plätze. In seinem Verband, einem von zweien im Landkreis Freising, haben sich fünf Vereine zusammengeschlossen - mit knapp 400 Mitgliedern und 665 Bienenvölkern, wie Birgmeier berichtet. Die meisten der Neuzugänge hätten drei bis vier Völker "für den Hausgebrauch." Er selber hält seit über 40 Jahren Bienen, momentan sind es 12 Völker, früher hatte er aber auch schon einmal 53. Mit dem Honig seiner Bienen könne er aber keine Geschäfte machen: "Das ist höchstens ein kleiner Nebenverdienst." Der Großteil werde in der Familie verzehrt, der Honigtopf dürfe auf dem Frühstückstisch nicht fehlen.

Für den Freisinger Peter Weller ist der Ertrag nur Nebensache: "So, wie es ist, ist es gut." Für ihn spiegle sich in den Bienen die Schöpfung wider, sagt er. "Ich bin ein sehr naturverbundener Mensch, es fasziniert mich, die Bienen zu beobachten, mit der Natur zu leben." Mit den Bienen erlebe er den Jahresrhythmus, wisse beispielsweise, wann der Winter vor der Tür steht. Schon als Jugendlicher sei er von dem Weihenstephaner Bienenhaus fasziniert gewesen, erzählt er. "Die Bienen, die Bäume, der Geruch dazu und die Energie, die dahinter steckt", hätten ihn zutiefst beeindruckt. Aber erst Ende der Neunzigerjahre entschloss er sich, selber Bienen zu halten. Weller besuchte die Landsberger Imkerschule und trat dem Imkerverein Freising bei. Seine sechs Völker stehen oberhalb des Freisinger Mooses, "einem wunderbaren Standort". Sebastian Grünwald, der den " Grasslhof" in Wolfersdorf, einen Bio-Obsthof mit Imkerei, betreibt, dagegen verdient mit Honig einen Teil seines Lebensunterhalts. Von seinen zehn Völkern am Freisinger Domberg stammt auch der "Original Freisinger Altstadthonig". Grünwald, in dessen Familie es schon seit Generationen Imker gibt, sieht die boomende Hobby-Imkerei "eher kritisch". Zwar gebe es den positiven Effekt, dass dadurch eine öffentliche Aufmerksamkeit erzeugt werde und das seit Jahren anhaltende massive Bienensterben in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gelange. "Aber wenn nun viele Leute meinen, wenn sie sich Bienen im Garten halten, dann tuen sie der Natur etwas Gutes, dann ist das nicht unbedingt so." Die professionellen Imker zumindest beobachteten, dass ihre Bienen von immer mehr Krankheiten, wie der Faulbrut, betroffen seien. Viele der Hobby-Imker meldeten ihre Völker nicht bei der Tierseuchenkasse an, so gebe es auch keine Möglichkeit, die Ausbreitung einer Krankheit zu verhindern, sagt Grünwald. "Für uns ist es gar nicht so einfach, unsere Völker gegen alle Widerstände am Leben zu halten."

© SZ vom 08.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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