Hoher Bedarf:Ein Zuhause auf Zeit

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Die Zahl der Boardinghäuser im Landkreis Freising wächst. In Achering eröffnet demnächst ein Neubau, der auf gehobenes Ambiente setzt. Vor allem Geschäftsleute nützen das Angebot

Von Petra Schnirch, Freising/Eching

Wohnraum ist gesucht im Landkreis Freising - auch als Zuhause auf Zeit. Die Zahl der Boardinghäuser nimmt stetig zu. Eine immer größere Rolle spielt dabei, dass sich die Gäste dort, anders in reinen Arbeiterunterkünften mit Mehrbettzimmern, auch wohlfühlen sollen. In Achering eröffnet demnächst ein Neubau am Kirchenpoint, der auf gehobenes Ambiente setzt. Auch die Bilder auf den Internetseiten einiger anderer Anbieter müssen einen Vergleich mit Sterne-Hotels nicht scheuen.

Sieben Boardinghäuser sind 2017 im Landkreis nach Auskunft des Landratsamts neu dazu gekommen, in diesem Jahr ist es bisher eines. Tendenz nach wie vor steigend. Von 1992 bis 2016 waren insgesamt 25 Anträge genehmigt worden, 14 davon seit dem Jahr 2012. Fast in jedem Dorf gibt es inzwischen eine Unterkunft für Langzeit-Gäste, die bis zu einem halben Jahr bleiben. Die Kosten pro Monat liegen bei 700 bis 1000 Euro, im gehobenen Segment sind es bis zu 1200 Euro. In Freising verlangen aber auch Vermieter von Studentenzimmern teilweise schon mehrere hundert Euro.

Viele der Boardinghäuser im Flughafen-Umland sind gut gebucht, dort übernachten überwiegend Geschäftsleute, die Schulungen besuchen oder an Projekten mitarbeiten. Meist bleiben sie mehrere Monate, wie Boardinghaus-Inhaber berichten.

Ein Haus eher für die Chefs

In Achering eröffnet im Mai ein weiteres Haus. Die Betreiber des "Apart Arthotels" wollen "eher die Chefs" ansprechen, wie Andrea Wildmoser sagt. Erste Anfragen hat sie bereits bekommen. Die 30-Quadratmeter-Appartements sind hochwertig ausgestattet und verfügen über Balkon oder Terrasse. "Wir reisen selber sehr, sehr gerne und legen viel Wert auf gutes Wohnen", erzählt sie. Das Gebäude entspreche neuesten ökologischen Standards. Auch Frühstück wird auf Wunsch serviert. Einzelübernachtungen sind möglich. "Wir wollen alles abdecken, weil sich der Markt schnell ändern kann."

Im größten Boardinghaus des Landkreises in Eching liegt die Mindestaufenthaltsdauer dagegen bei drei Monaten. 80 der 102 Appartements sind langfristig an die Bundespolizei vermietet, die restlichen 22 meist an Projekt-Mitarbeiter wie Ingenieure oder Architekten. Ab und zu sei auch mal ein Paketfahrer dabei, sagt Geschäftsführer Alexander Struve. Der Bedarf für weitere Zimmer sei da, täglich müsse man Interessenten wegschicken.

Die Erweiterung liegt auf Eis

Eigentlich sollte das Boardinghaus deshalb um 80 Zimmer erweitert werden. Auch ein Bistro mit aufwendiger Glasfassade war geplant. Doch daraus wird laut Struve vorerst nichts. Die Grube bleibe nach dem Abriss der alten Halle am Klosterweg vorerst so, wie sie ist. "Ich bin frustriert", gesteht er, drei Jahre hätten die Planungen in Anspruch genommen. Es sollte ein "außergewöhnliches Gebäude" werden, eventuell sogar mit öffentlich zugänglichem Tagescafé. Die geplante überhängende Glasfassade wäre "ein Eye-Catcher", sagt Struve, der auch Projektleiter für den Neubau war. Doch der Bauherr hat das Vorhaben auf Eis gelegt. Zunächst hatten Anwohner protestiert, weil ihnen ein Teil der geplanten Gebäude mit 14 Meter zu hoch war. Ende 2017 stimmte der Bauausschuss der Gemeinde dem Bebauungsplan zwar zu. Nun hängt es laut Struve an einem schmalen Streifen Grund, den der Bauherr gern mit der Gemeinde als Ausgleich für den Gehweg tauschen würde. Vorerst bleibt es nun bei den 102 Appartements.

Mit gemischten Gefühlen sieht Anneliese Hofmeier, Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands im Landkreis, den Trend zu immer mehr Boardinghäusern. Sie plädiert jedoch für ein gutes Miteinander. "Es hilft ja nichts, wenn wir uns vehement dagegen wehren." Die Hotels sollten vielmehr ihre Stärken hervorheben. Bei ihrem eigenen Haus in Hetzenhausen sei dies das angeschlossene Restaurant, dies sei ein entscheidender Vorteil. Und auch ihr Hotel habe langfristige Verträge mit Firmen abgeschlossen, die Mitarbeiter blieben meist von Montag bis Donnerstag. Viele Gäste schätzten das familiäre Ambiente, "man kennt den Chef noch persönlich", schildert Hofmeier. Aber auch ihr ist klar, dass sich jemand, der ein halbes Jahr lang in einem Betrieb arbeitet, nicht immer ein Hotel leisten kann oder will.

Eine Art Boardinghaus wird vom kommenden Jahr an auch der Flughafen in einer ehemaligen Gewerbe-Immobilie in Hallbergmoos einrichten. Dort sollen 135 Appartements für Mitarbeiter entstehen, sie werden ebenfalls jeweils für ein halbes Jahr angeboten.

© SZ vom 03.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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