Gartenbesitzer um  Mithilfe gebeten:Die Wildbiene retten

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Mit einem Forschungsprojekt in Freising will die Doktorandin Julie Weissmann mit einer Arbeitsgruppe herausfinden, wo die Bedingungen für die bedrohten Tiere besonders gut sind

Von Petra Schnirch, Freising

Wildbienen sind faszinierende Tiere - viele von ihnen sind absolute Spezialisten. Über die Hälfte der 585 Arten aber stehen auf der Roten Liste und gelten somit als bedroht. Mit einem Wildbienen-Projekt in Freising will Doktorandin Julie Weissmann, 31, mit einer Arbeitsgruppe herausfinden, wo die Bedingungen für die Tiere besonders gut sind. Außerdem erforschen die Studenten, welche Arten für die Bestäubung von Obstgehölzen und anderen Pflanzen von zentraler Bedeutung sind. Dafür werden aktuell noch Gartenbesitzer gesucht, die ihre Beobachtungen dokumentieren - am besten gut verteilt über das ganze Stadtgebiet. Der Startschuss fällt in diesen Tagen.

Städte seien für Wildbienen - dazu zählen auch die Hummeln - wichtige Lebensräume, schildert Julie Weissmann. Das Mikroklima sei günstig, da es wärmer und oftmals windgeschützter ist als außerhalb der Bebauung. Auch die vielfältige Struktur in Freising komme ihnen entgegen mit Blumen- und Gemüsegärten, Isardamm, Auen, Streuobstwiesen und Brachflächen. Denn viele Wildbienen bewegten sich in einem Radius von nur wenigen hundert Metern. Fast die Hälfte der in Mitteleuropa vorkommenden nestbauenden Wildbienenarten ist einige wenige Pflanzenarten spezialisiert: die Glockenblumen-Scherenbiene etwa auf die Glockenblume, wie Julie Weissmann erklärt. Die Lauch-Maskenbiene wiederum sammele Pollen und Nektar ausschließlich auf Lauchblüten und nistet in vorhandenen Hohlräumen wie Käferfraßgängen in Totholz oder Lehmmörtel.

Für die Bestäubung vieler Nutz- und Wildpflanzen seien Wildbienen enorm wichtig. Die deutlich bekanntere Honigbiene könne dies beispielsweise für Nachtschattengewächse wie Aubergine oder Tomate nicht übernehmen. Die Form der Blüte erfordere eine sogenannte Vibrationsbestäubung, um den Pollen herauszuschütteln - und dafür benötige man Hummeln.

Julie Weissmann ist Mitarbeiterin an der Professur für Biodiversität der Pflanzen an der TU München in Weihenstephan. Dort hat sie auch ihren Masterabschluss gemacht. Das Thema Wildbienen sei sehr spannend, sagt sie, "und man lernt nie aus". Gestartet wurde das auf drei Jahre angelegte Projekt 2017. In diesem Jahr stehen die praktischen Erhebungen im Mittelpunkt. Gartenbesitzer, die sich - nach Anmeldung per E-Mail - am Monitoring beteiligen, sollen ein Auge darauf haben, ob in ihrem Umfeld Baumhummel, Blauschwarze Holzbiene, Gehörnte Mauerbiene, Garten-Wollbiene, Fuchsrote Sandbiene oder Rotschopfige Sandbiene vorkommen. Zuvor erfahren sie natürlich, wie sie die sechs Arten unterscheiden. Alternativ oder parallel dazu sollen sie feststellen, welche Wildbienen-Gruppen für die Bestäubung von sieben ausgewählten Obstgehölzen und anderen Pflanzen besondere Bedeutung haben.

Ziel ist es letztendlich, die Biodiversität im städtischen Raum zu fördern. "Wir wollen schauen, wo wir ansetzen können", schildert die Doktorandin. Viele Arten seien inzwischen in ihrem Bestand gefährdet, weil aufgrund von Monokulturen in der Landwirtschaft das Angebot an unterschiedlichen Blüten stark zurückgegangen sei, sagt Julie Weissmann. Außerdem fehle es an geeigneten Nistplätzen wie offenen Bodenflächen, hohlen Stängeln oder Mauerritzen.

Julie Weissmann ist Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Biodiversität der Pflanzen an der TU München in Weihenstephan. Dort hat sie auch ihren Masterabschluss gemacht. (Foto: Marco Einfeldt)

Die große Vielfalt der Wildbienen und ihre Besonderheiten faszinieren die Doktorandin. Die meisten der Tiere leben solitär, sie werden nur wenige Wochen alt. Das Weibchen versorgt die Brut mit Pollen und Nektar, die schlüpft meist erst im nächsten Jahr. Wichtig für den Erhalt der Artenvielfalt sind naturnahe Gärten mit ganz unterschiedlichen Pflanzen, sodass die Wildbienen möglichst das ganze Jahr über bis in den Oktober hinein Blüten finden.

Weitere Informationen zum Wildbienen-Monitoring im Freisinger Stadtgebiet gibt es im Internet unter www.wildbienen-freising.wzw.tum.de. Dort können sich interessierte Gartenbesitzer, die sich an der Mitmach-Aktion beteiligen wollen, auch anmelden.

© SZ vom 15.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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