Schüler und Lehrer sind sich einig:Solidarität mit Prince Happy

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Die Freisinger Fach- und Berufsoberschule setzt sich für einen 23-jährigen Mitschüler aus Nigeria ein, der in sein Heimatland abgeschoben werden soll. Dort ist die Lage für ihn als Christ extrem unsicher.

Von Peter Becker, Freising

Die Freisinger Fachoberschule/Berufsoberschule (FOS/BOS) bangt um einen ihrer Mitschüler. Prince Happy, ein 23-jähriger Nigerianer, soll am Freitag, 7. Juli, in sein Heimatland abgeschoben werden. Die Schulgemeinde hat sich nun zu einer Solidaritätsaktion unter dem Motto "Prince Happy - wir wollen Dich bei uns behalten" zusammengeschlossen. Schüler wie Lehrer fühlen sich durch die überraschende Nachricht, dass der 23-Jährige abgeschoben werden soll, vor den Kopf gestoßen. "Uns ist nicht bekannt, dass am 7. Juli eine Abschiebung geplant ist", sagt auch Robert Stangl von der Pressestelle des Landratsamts auf Nachfrage.

Laut Migrationsberater Reinhard Kastorff müssten Nigerianer zwar stets damit rechnen, abgeschoben zu werden. Der Fall von Prince Happy sei ihm jedoch nicht bekannt. Dass die Abschiebung so kurzfristig bevorsteht, deutet seiner Ansicht nach darauf hin, dass der Nigerianer bereits aufgefordert worden war, Deutschland zu verlassen. Ob dem so ist, weiß Hans Sailer, der zur Schulleitung der FOS/BOS gehört, nicht. Ihm ist nur bekannt, dass Prince Happy in den Pfingstferien von seiner geplanten Abschiebung erfahren und sich daraufhin mit seiner Klassenleiterin in Verbindung gesetzt hat. Sailer und Lisa Rößer hatten am Freitagmittag in einer Pressemitteilung darüber informiert. Laut Sailer ist eine Anwältin eingeschaltet, die Prince Happy aber wenig Hoffnung auf einen weiteren Verbleib in Deutschland macht.

Nach Auskunft der beiden Lehrer ist der 23-Jährige einer der besten Schüler, die derzeit in den Berufsintegrationsklassen der FOS/BOS unterrichtet werden. Er bringe alle Voraussetzungen auf eine erfolgreiche Integration und Zukunft mit sich, heißt es in der Pressemitteilung. Er sei fleißig, motiviert und setze sich als Klassensprecher für seine Mitschüler ein. Er spreche mittlerweile gut Deutsch. In Nigeria habe Prince Happy bereits Biotechnology studiert. Nachmittags und in den Ferien arbeite er, um auf eigenen Beinen stehen zu können. Prince Happy wünsche sich nichts mehr, als in Deutschland eine Ausbildung machen oder sogar studieren zu dürfen. Laut Sailer hätte er auch im nächsten Schuljahr noch die Berufsintegrationsklasse besucht.

Schüler und Lehrer verstehen nicht, weshalb junge Menschen mit guten Perspektiven in Deutschland in ein Land zurückgeschickt werden, in dem ihre Zukunft und ihr Leben massiv bedroht sind. Prince Happy ist Christ. Als solcher ist Nigeria für ihn extrem unsicher. Die islamistische Gruppe Boko Haram verbreitet Terror und sorgt für politische Unruhen. Millionen von Nigerianern sind derzeit von einer Hungersnot bedroht. Dass ein Schüler, der sich nichts zu Schulden habe kommen lassen und sich in kürzester Zeit vorbildlich integriert habe, in solch ein Land abgeschoben werden solle, stößt bei der Schulgemeinschaft der FOS/BOS auf Unverständnis. Zumal der Staat viel Steuergeld in die Bildung der Geflüchteten investiert, indem er die Berufsintegrationsklassen eingerichtet hat.

Die Schüler seien sehr um die Integration von Prince Happy bemüht gewesen, betont Sailer. Sie hatten eine Weihnachtsfeier für ihre geflüchteten Mitschüler organisiert. Zuletzt startete Prince Happy in einem Team der FOS/BOS beim Sparkassenlauf. "Die Stimmung ist ungut", fasst Sailer seinen Eindruck zusammen. Insbesondere unter den Afghanen in den Berufsintegrationsklassen gehe die Angst um, ebenfalls schon bald abgeschoben zu werden. Er habe Landrat Hauner in einem Brief darauf aufmerksam gemacht, sagt Sailer.

Die Gefahr, dass ihre Schüler abgeschoben werden können, drückt auch auf das Gemüt der Lehrer. "Sie stellen ihre Arbeit in Frage", stellt Sailer fest. Die Lehrkräfte investierten viel Zeit und Mühe, da sie vom Sinn des Projekts, die jungen Flüchtlinge zu integrieren und ihnen eine Perspektive für die Zukunft zu geben, überzeugt sind. "Wir sehen täglich, dass die Geflüchteten ein großes Potenzial mitgebracht haben und außerordentlich interessiert an der deutschen Kultur sowie an europäischen Werten sind", heißt es in dem Schreiben.

Die Schüler müssen hart arbeiten, um sich ihre Zukunft zu verdienen. Um überhaupt in eine Berufsintegrationsklasse aufgenommen zu werden, müssen sie einen Eignungstest durchlaufen. Im Anschluss daran, heißt es für sie, sich im deutschen Alltag zu bewähren und die deutsche Sprache in kürzester Zeit zu erlernen.

Lehrer und Schüler der FOS/BOS kritisieren, dass mehr und mehr Schülern die Perspektive, sich in Deutschland die Basis für eine erfolgreiche Zukunft zu erarbeiten, durch den Staat genommen wird. "Dies trifft uns besonders hart, weil diese Schüler in die Schulgemeinschaft hineingewachsen sind", heißt es in dem Schreiben der Freisinger FOS/BOS.

© SZ vom 24.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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