Anfahrt:150 Meter auf Krücken

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Die Zufahrtssperre am Eingang zum Freisinger Volksfest bereitet Senioren Probleme. (Foto: Marco Einfeldt)

Das neue Volksfest-Sicherheitskonzept bereitet Senioren mit Gehbehinderung Probleme

Von Kerstin Vogel, Freising

Stell Dir vor, es ist Seniorennachmittag - und Du als Senior kommst nicht hin: Manch ein älterer Freisinger hat das beim diesjährigen Freisinger Volksfest offenbar so erlebt. Weil das neue Sicherheitskonzept der Stadt für die Luitpoldanlage Fahrten auf den Festplatz untersagt, musste daheim bleiben, wer den Weg von der Zufahrtsstraße ins Festzelt aufgrund einer Gehbehinderung nicht bewältigen konnte. So jedenfalls wird es in den sozialen Netzwerken beklagt - die Stadtverwaltung widerspricht allerdings.

"Liebes Freisinger Ordnungsamt, liebes Freisinger Rathaus und liebe Freisinger Organisatoren des Altennachmittags am Volksfest", schreibt Andre Schwaninger freundlich auf der Facebook-Seite "Treffpunkt Freising" - und lobt die Verantwortlichen, dass sie alljährlich die älteren Mitbürger "zu einem wunderschönen Altennachmittag auf das Freisinger Volksfest einladen". Doch Schwaninger hat auch etwas zu kritisieren: "Habt ihr euch schon mal Gedanken darüber gemacht, dass sehr viele gehbehinderte Senioren dabei sind?", so seine Frage. Leider sei für diese Besucher schon an der Zufahrtsstraße Schluss. Man dürfe die Senioren nicht bis zum Bierzelt, geschweige denn bis zum Weinzelt fahren, nicht einmal in einem Taxi, schreibt Schwaninger, und fragt weiter: "Könnt ihr euch vorstellen, wie weit 150 Meter für gehbehinderte Senioren sind? Nein?" Sein Rat: "Dann geht mal mit Krücken von der Absperrung zum Bierzelt."

Hier bestehe Handlungsbedarf, findet Schwaninger und hat auch eine Anregung parat: Kleine Elektrowagen oder ein kleiner Elektrozug, welche die Senioren zum Bierzelt oder zur Weinhalle bringen. Der Security sei jedenfalls kein Vorwurf zu machen, findet er: "Die haben ihre Anweisungen." Facebook-Userin Silvia Thabor findet dagegen, dass es der Security bei alten Menschen eigentlich erlaubt sein müsste, eine Ausnahme zu machen, gleiches gelte für geh- und schwerbehinderte Menschen. Weil das nicht gehe, würden viele Freisinger zu Hause bleiben "und sind ausgegrenzt", kritisiert sie: "Das muss man vorher regeln."

Tatsächlich hatte die Stadtverwaltung das im Vorfeld des Seniorennachmittags geregelt, wie Hauptamtsleiter Rupert Widmann erklärt. Die Security habe die klare Anweisung gehabt, Menschen, die das Kürzel "AG" für "außergewöhnliche Gehbehinderung" in ihren Ausweisen hätten, durchfahren zu lassen. Seines Wissens sei das auch so gehandhabt worden, sagt er: "Ich habe aber natürlich nicht die ganze Zeit daneben gestanden." Das Ausmaß einer möglichen Gehbehinderung müsse an objektiven Kriterien festgemacht werden, begründet Widmann die Beschränkung auf die "AG"-Ausweise. Bei der Stadt selber seien auch keine Klagen dazu eingegangen.

Auf Facebook wird unterdessen spekuliert, wie eine Lösung des Problems aussehen könnte. Margit G. beispielsweise erklärt, sie sei gespannt, ob es eine Lösung geben werde, denn: "Wird nichts für die Sicherheit gemacht, schreit die andere Seite", gibt sie zu bedenken.

Widmann wiederum versichert, dass das Sicherheitskonzept natürlich nicht für alle Zeiten starr betoniert sei. Die Sicherheitskräfte würden sich derzeit täglich austauschen, so dass das Konzept für das nächste Jahr sicher fortgeschrieben werden könne. Unter anderem denke man bereits darüber nach, die Taxis doch wieder weiter runter fahren zu lassen. Dass die neuen Bestimmungen mit Einschränkungen für jedermann verbunden seien, sei den verantwortlichen vorher klar gewesen, so Widmann. Leider müsse in der momentanen Lage jedoch gelten: "Sicherheit hat absoluten Vorrang".

© SZ vom 08.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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