Freisinger Umgehungsstraße:Was man über die Westtangente wissen muss

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Der geplante Verlauf der Westtangente von der Münchener bis zur Thalhauser Straße. (Foto: SZ Infografik)

Spatenstich für die umstrittene Westtangente: Diese durchläuft ein Trinkwasserschutzgebiet, erfordert unter anderem eine Grundwasserabsenkung und kostet Stadt und Freistaat 86,5 Millionen Euro. Eine Zusammenfassung aller Fakten.

Von Alexandra Vettori

Bereits im Frühjahr 2014 gab es die erste Baustelle in Vötting: Für Pumpversuche ließ die Stadt vier Brunnen anlegen. Ein Jahr später folgt nun der Spatenstich. An der Planung des Projekts lässt die Stadt nicht mehr rütteln, auch wenn einige Stadträte kürzlich Bedenken zu der Finanzierung der 86,5 Millionen teuren Straße äußerten. Bedenken, die Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher vielmehr verärgern als irritieren. Das Bauprojekt hat begonnen - alle Fakten.

Der Tunnel

Der 705 Meter lange Tunnel beginnt etwa auf Höhe der Forstfakultät an der Lise-Meitner-Straße, unterquert diese und verläuft weiter unter der Straße Am Mitterfeld und der Giggenhauser Straße bis südlich der Bachstraße, wo er nach der Moosach endet. Während die Röhre im ersten, nördlichen Bauabschnitt bis zur Giggenhauser Straße bergmännisch gebaut wird, also rein unter Tage, folgt südlich der Giggenhauser Straße eine Tunnel-Deckel-Bauweise. Nach dem Tunnelende steigt die Straße auf einer 100 Meter langen Rampe an, um auf einer Brücke den Mühlangergraben zu queren. Für den Bau des Tunnels, muss großflächig Grundwasser abgepumpt und der Pegel senkt werden.

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OB Tobias Eschenbacher sieht - im Gegensatz zu den Gegnern der Umgehungsstraße - keinen Grund, nicht mit dem Bau zu beginnen. Das es jetzt ernst wird, werden vom 26. Mai an die Anwohner der Hohenbachernstraße zu spüren bekommen.

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Die Brücken

Acht Brücken auf einem knapp vier Kilometer langen Straßenstück: das ist eine stolze Zahl, zumal die Westtangente über flaches Land führt. Doch die Brücken sind nötig, weil es im Freisinger Moos so viele Bäche und Gräben gibt; und um die Bahngleise zu überqueren. Die erste Brücke folgt nach dem Tunnel am südlichen Ende von Vötting und ist ein vier Meter hohes Bauwerk mit einer langen Rampe über den Mühlangergraben. "Ein windiger Graben, der zu einer 100 Meter langen Brücke geführt hat", räumt der Tiefbauchef im Freisinger Rathaus Franz Piller ein, tatsächlich aber sei es nicht anders machbar. Dass die Brücke so hoch wird, ist dem Hochwasserschutz in dem ehemaligen Moorgebiet geschuldet.

Das Trinkwasserschutzgebiet

Die Trasse der Westtangente wird das Freisinger Trinkwasserschutzgebiet an seinem nordwestlichem Rand durchschneiden. Deshalb müssen Vorkehrungen getroffen werden, um Straßenschmutz und Streusalz vom Grundwasser fernzuhalten. Alle Entwässerungseinrichtungen entlang der Straße sind innerhalb des Schutzgebietes besonders abgedichtet. Das Oberflächenwasser wird gesammelt und ausgeleitet, damit nichts innerhalb des Trinkwasserschutzgebietes versickert. Im Rathaus ist man überzeugt, dass auch der Zuschnitt des Trinkwasserschutzgebietes nach wie vor ausreichend ist. "Wir haben alles an Auflagen akzeptiert, was vertretbar war", sagt Piller.

Die Finanzierung

86,5 Millionen Euro kostet die Westtangente nach aktuellen Schätzungen der Stadtverwaltung. Davon würde der Staat nach ersten Zusagen 70 Prozent der förderfähigen Kosten übernehmen, also abzüglich der Planung und des Grunderwerbs. Auch der Landkreis steuert etwas bei, schließlich soll die Westtangente Kreisstraße werden. Rund die Hälfte des städtischen Anteils will er übernehmen. Günstigstenfalls, so hofft man im Rathaus, müsste die Stadt so noch 17,5 Millionen Euro aufbringen. Kritiker der Westtangente, zuletzt das Münchner Planungsbüro Vieregg, bezweifeln, dass es bei den knapp 87 Millionen Gesamtkosten bleiben wird. Vor allem die Kosten für den Tunnel seien zu niedrig angesetzt, Vieregg erwartet eher 120 Millionen.

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:Den Fuß auf der Bremse

Acht Stadträten kommt der für 7. Mai geplante erste Spatenstich für die Umfahrung zu früh - sie fordern, die offizielle Förderzusage des Freistaats abzuwarten. OB Eschenbacher verweist auf Absprachen mit München.

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Die Grundwasserabsenkung

Damit der Tunnel gebaut werden kann, muss der Grundwasserspiegel großflächig gesenkt werden. Das geschieht, indem in Privatgärten Brunnen gegraben und mit elektrischen Pumpen ausgestattet werden. Die Gefahr ist, dass es zu Setzungen des Bodens kommt, wenn Zwischenräume des Gesteins, die mit Wasser gefüllt sind, leer gepumpt werden. Ist der Boden nicht homogen, führt dies zu unterschiedlichen Setzungsbewegungen des Bodens. Wenn ein Haus auf solchem inhomogenen Grund steht, könnten sich Teile stärker setzen als andere, dann entstehen Risse am Haus.

Der Bürgerentscheid

56,5 Prozent der Freisinger Wähler haben im September 2013 beim Bürgerentscheid für die Westtangente und für einen Tunnel durch Vötting gestimmt. In dem Stadtviertel, das von der geplanten Umgehungsstraße durchschnitten wird, waren trotz des Tunnels 70 Prozent der Wähler gegen die Westtangente. Im Mai 2013 hatte ein Bündnis aus dem "Vöttinger Bürgerforum", Grünen, ÖDP, Linken und dem Bund Naturschutz mit der Sammlung der Unterschriften begonnen. Eine monatelange Materialschlacht folgte, an deren Ende die Straßenbefürworter die Nase vorn hatten. Auf allzu großes Interesse freilich stieß die Abstimmung in Freising nicht: Die Wahlbeteiligung lag bei 64,4 Prozent. Mit dem Bürgervotum endete eine 45 Jahre lang währende Diskussion in Freising über Sinn und Unsinn der westlichen Umgehungsstraße.

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