Freisinger Hallenbad:Der Trainings-Tempel

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Schmucklos, aber zweckmäßig: Das Freisinger Hallenbad. (Foto: Marco Einfeldt)

Mit seinem 70er-Jahre-Schick ist das Freisinger Hallenbad zwar keine Wellnessoase, aber für Schwimmer eine sportliche Herausforderung. Und wer sein Pensum dort erledigt hat, der fühlt sich hinterher trotzdem so richtig wohl.

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Was tun an trüben Tagen? Spaziergänge im winterlichen Weiß fallen noch komplett aus, stattdessen startet der Januar mit Dauerregen. Wenn man nun schon nass wird, dann kann man dabei aber auch gleich etwas für die Gesundheit tun. Am zweckmäßigsten funktioniert das mit einem Besuch im Freisinger Hallenbad an der Jochamstraße. Der Begriff zweckmäßig trifft es in diesem Fall ziemlich genau, denn nein, das Schulschwimmbad mit dem 70er-Jahre-Schick ist kein Wellnesstempel. 2010 wurde es bereits notsaniert, damit es überhaupt weiterbetrieben werden konnte und bekanntlich bauen die Stadtwerke gerade für 32 Millionen Euro ein richtig schickes Hallenbad am Rabenweg, das 2018 fertig sein soll. Mit Saunalandschaft, Außenschwimmbecken und dem ganzen anderen Schnickschnack, den der moderne Wellness-Zeitgeist fordert.

"Pah", sagt da der regelmäßige Besucher des alten Freisinger Hallenbades, "brauch ich alles nicht". Schwimmen an der Jochamstraße hat im Vergleich dazu nämlich etwas Puristisches und macht die sportliche Betätigung zu einem Erlebnis. Das Training beginnt schon in den engen Umkleidekabinen, wenn man nicht eine der geräumigeren Mutter-Kind-Kabinen erwischt hat, was man natürlich nur dann tun sollte, wenn Mutter und Kind sie gerade nicht brauchen. Hat man Straßenkleidung und Taschen in den ebenfalls ein wenig knapp bemessenen Spind gestopft, geht es durch weiß gekachelte Räume, die an die sterile Atmosphäre einer Landtierarztpraxis erinnern, in die Schwimmhalle. Dort empfängt einen die In-Farbe der 70er Jahre, Orange. Damals verkörperte sie das Auffällige, Gewagte, Neue, Kraftvolle und Kreative. Damals.

Schwimmen verbindet

Egal. Der typische Schwimmhallenschwimmer kommt nicht, weil ihm etwas fürs Auge geboten wird. Er will seine Bahnen ziehen und sich hinterher gut fühlen oder sich ein bisschen unterhalten. Recht beliebt ist das Freisinger Hallenbad nämlich auch beim Typus der Konversationsschwimmerinnen, die sich beim Nebeneinanderherschwimmen über die Dinge des Lebens austauschen. Der Abstand von Konversationsschwimmerinnen zueinander ist exakt so bemessen, dass sie sich zwar nicht anbrüllen müssen, man aber als etwas flotterer Soloschwimmer nicht zwischen ihnen hindurchkommt. Man muss also weit ausholen, um sie zu überholen, was die eigentlich 25 Meter lange Bahn in der Halle noch ein wenig länger macht, also den Trainingseffekt erhöht. Spannend wird das Ganze, wenn einem dann bei Hochbetrieb gleichzeitig auch noch ein konsequenter Rückenschwimmer entgegenkommt, der ja naturgemäß hinten keine Augen hat, also nicht sieht, wer ihm ausweichen muss, was dem Rückenschwimmer aber ziemlich egal ist. Hat man sein Pensum absolviert, geht es zurück in den Duschbereich. Dort hofft man zum einen auf eine funktionsfähige Dusche und zum anderen auf eine, aus der auch warmes Wasser kommt. Man muss das mit der Abhärtung ja nicht übertreiben. Die nächste Herausforderung erwartet einen nach dem Umkleiden bei den Haartrocknungsanlagen. Fön kann man das nicht nennen. Denn das Gerät pustet die Haarpracht zwar zuverlässig von oben trocken, die Frisur aber platt. Volumenbildend ist das nicht. Erfahrene Schwimmerinnen haben ihren eigenen Fön dabei. Allerdings sehen die sich vor das Problem gestellt, dass es zumindest im Damenumkleidebereich nur zwei (2!) Steckdosen gibt, mit der das mitgebrachte Gerät betrieben werden kann. Eine ist sogar neben einem Spiegel zu finden, der aber so niedrig hängt, dass man als einigermaßen normalgroße Frau beim Stylen in die Knie gehen muss. Das wiederum erhöht den Trainingseffekt, also sieht man das positiv. Die andere Steckdose hängt, warum auch immer, neben einem Schild, auf dem zu lesen ist, dass für Wertsachen keine Haftung übernommen wird. Dennoch. Verlässt man das Freisinger Hallenbad wieder, hat man wegen der geleisteten sportlichen Ertüchtigung ein gutes Gewissen, fühlt sich darum richtig wohl und denkt im Stillen bei sich: "Irgendwie ist dieses Hallenbad doch eine richtige Wellnessoase".

© SZ vom 12.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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