Freisinger Gefängnis:Bauretter packen zu

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Vor 300 Jahren wurde das Freisinger Gefängnis erbaut. Der Förderverein hat zu diesem Anlass jetzt auch den Hexenturm saniert und der Stadt damit wieder ein Denkmal gesichert

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Viel hat nicht gefehlt, dann wäre der Hexenturm im alten Freisinger Gefängnis wohl einfach eingestürzt. Wenn nicht Thomas Mücke, Vorsitzender des Fördervereins Gefängnis, und seine zahlreichen freiwilligen Helfer die Ärmel aufgekrempelt hätten, um das alte Gemäuer den Sommer über zu sanieren. "Es war allerhöchste Zeit", erzählt Thomas Mücke. "Wenn wir noch länger gewartet hätten, hätten wir den Turm wohl abreißen und neu bauen müssen."

Das hat nun nicht sein müssen und da passt es gut, dass die Freisinger Fronfeste in diesem Jahr auch ihr 300. Baujubiläum feiern kann. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde in der Regierungszeit von Fürstbischof Eckher in Freising das neue Gefängnis samt Amtshaus und Fleischbank errichtet. Drei schriftliche Fundquellen deuten darauf hin, dass das Gebäude um 1714 erbaut wurde. Die dendrochronologische Untersuchung, die 2009 vom Förderverein in Auftrag gegeben wurde, ergab ein Fälldatum der verwendeten Bäume im Winter 1711/1712. Dies, so Mücke, weise ebenfalls auf die Erbauung 1714 hin. Aus Anlass dieses 300. Erbauungsjubiläums habe der Förderverein Altes Gefängnis den Gefängnisturm darum innen und außen mit einem Kostenaufwand von 50 000 Euro, vielen Sach- und Geldspenden und unzähligen ehrenamtlichen, unbezahlten Arbeitsstunden saniert - und damit der Stadt Freising wieder ein bedeutendes Denkmal gesichert.

Für die Sanierung hatte zunächst ein großes Gerüst aufgebaut werden müssen. Dann haben Mücke und seine Helfer die vielen alten Farbschichten, die in den vergangenen Jahrhunderten auf dem Mauerwerk aufgetragen worden waren, per Hand abgespachtelt. Danach wurde der Hexenturm neu verputzt. Im Inneren musste eine komplette Decke entfernt und neu eingezogen werden. "Die Dachbalken waren restlos verfault und einfach nicht mehr zu retten", berichtete Mücke.

Neu verputzt und auch innen saniert ist jetzt der Hexenturm des alten Freisinger Gefängnisses. (Foto: Bucksch)

Bei aller Freude über die gelungene Sanierung möchte der Gefängnisverein mit dem renovierten Turm jedoch auch immer wieder an die vielen unschuldigen Opfer des Strafvollzuges erinnern, vor allem auch an die grausamen Methoden vor 300 Jahren zur Zeit der Hexenprozesse. Darum wird in dem Hexenturm auch gerade ein Verhörzimmer eingerichtet, in dem auch einige der damals verwendeten Folterwerkzeuge zu sehen sind. Eine Daumenschraube zum Beispiel, oder eine Vorrichtung für das Aufziehen. Dabei wurde der Delinquent an den Händen, die ihm auf den Rücken gebunden waren, mit einem Seil an die Decke gezogen. Dort musste er über Stunden in äußerst schmerzhafter Haltung hängen. Auch ein Tisch mit spitzen Holzpfählen ist zu sehen. Auf diesen wurden die Gefangenen festgebunden und mit Weidenruten immer und immer wieder ausgepeitscht, bis sie endlich die ungeheuerlichen Dinge gestanden hatten, die man ihnen vorgeworfen hatte. Unvorstellbar ist für Thomas Mücke, dass auch Kinder damals diese Torturen erleiden mussten.

Heute ist das Gefängnis mit der Weinstube im Erdgeschoss und den Ausstellungsräumen in ersten Stock glücklicherweise ein Ort der Geselligkeit und der Kultur. "Wir hatten in diesem Jahr allein 750 Besucher bei den Führungen im Turm, die von Mai bis Oktober stattfinden und 10 000 Besucher bei den verschiedenen Ausstellungen", erzählt Thomas Mücke stolz. Für 2015 und 2016 seien die Ausstellungsräume auch schon wieder ausgebucht und für 2017 bereits halb voll. "Es ist fast so, als hätten die Künstler darauf gewartet, dass es die Räume gibt und mittlerweile können wir uns die Künstler sogar schon aussuchen", freut sich Mücke.

Aber die Arbeit in dem alten Gemäuer hört nicht auf. Als nächste Maßnahme möchte der Förderverein Altes Gefängnis das Dach des Nordflügels an der Fischergasse erneuern. Auch hier hofft er wieder auf Unterstützer. Mücke ist oft im alten Gefängnis anzutreffen, zu tun gebe es dort schließlich immer etwas. "Aber die Mühe lohnt sich und die Arbeit macht Spaß", versichert er. Auch weil ihm die Stadt signalisiere, wie dankbar sie ihm für seinen unbezahlten Einsatz sei. "Das merkt man an den kleinen Dingen. Wenn ich einen Termin beim OB Tobias Eschenbacher brauche, dann winkt er mich gleich rein und wenn ich Hilfe vom Bauhof brauche, sind die auch sofort dabei", erzählt Mücke.

Auch Freisings Kulturreferent Hubert Hierl unterstütze den Förderverein Gefängnis und habe beispielsweise mit der Messerschmitt-Stiftung, der größten deutschen privaten Denkmalschutzorganisation, einen Großspender für die Gefängnissanierung in Freising gewinnen können. Ein Schild mit einer entsprechenden Inschrift soll bald darauf hinweisen. Nur eines wünscht sich Thomas Mücke. Ein paar junge Mitglieder für den Förderverein. "Wir sind hier ja alles Rentner und klar, wir haben auch Zeit".

© SZ vom 18.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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