Arbeit:Zurück im alten Rollenmuster

Lesezeit: 3 min

Obwohl junge Frauen oft bessere Qualifikationen haben als ihre Altersgenossen, entscheiden sie sich gerne aus Bequemlichkeit und wegen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Teilzeitarbeit. Im Alter könnte sich das rächen.

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Altersarmut ist überwiegend weiblich. Neu ist das nicht. Das liegt daran, dass viele Frauen über die Jahre weniger in die Rentenkasse einzahlen als Männer - auch weil viele von ihnen, die sich der Herausforderung stellen, Familie Kinder und Beruf zu vereinbaren, in Teilzeit arbeiten. So ist das auch im Freisinger Landratsamt wie der Jahresbericht für 2014 zeigt. Zwar sind dort mehr Frauen (66,78 Prozent) als Männer (33,21 Prozent) beschäftigt. 87 Prozent der Frauen jedoch haben eine Teilzeitstelle. Und mit 97,4 Prozent sind sie auch in den unteren Entgeltgruppen überdurchschnittlich vertreten. "Frustrierend" nennt die Gleichstellungsbeauftragte im Landratsamt, Petra Lichtenfeld, diese Zahlen.

Es wäre zu einfach, in diesem Fall allein dem Freisinger Landratsamt fehlenden Sinn für Frauenförderung anzulasten, zumal dort der Anteil der Frauen in Führungspositionen bei 32 Prozent liegt. Man habe also auf diesem Gebiet durchaus Fortschritte gemacht hat, heißt es im Jahresbericht weiter, "die aber bei weitem nicht ausreichen, um bestehendes Ungleichgewicht zugunsten der männlichen Mitarbeiter annähernd zu egalisieren".

Das Landratsamt Freising sei, was die Zahlen betrifft, überdies kein Einzelfall. "Der öffentliche Dienst ist weiblich und er ist teilzeitbetont", sagt Petra Lichtenfeld. Diese Arbeitsform erlaube es Frauen, Beruf und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bringen. Petra Lichtenfeld sagt aber auch: "Bei jahrelanger Teilzeitarbeit ist auch die Altersarmut schnell weiblich." Und: "Es gibt keine Garantie dafür, dass eine Ehe immer funktioniert und dass man als Frau lebenslang vom Mann alimentiert wird." Viele Frauen jedoch seien für diese Argumente nach wie vor nicht offen. "Das ist für mich nicht nachvollziehbar und auch oft frustrierend", sagt Petra Lichtenfeld. Wenn sie heute mit jungen Mädchen über das Thema Gleichberechtigung und Frauenförderung spreche, dann würde diese schnell gelangweilt die Augen verdrehen. "Wir können doch alles, was wir wollen", sagten sie dann.

Doch was passiert? "Die Mädchen machen Abitur, schneiden oft besser ab als die jungen Männer, sie studieren und wenn sie dann eine Familie haben, dann kommt der Einbruch und sie fallen zurück in das alte Rollenmuster", stellt Petra Lichtenfeld fest. "Retraditionalisierung" nennt sie dieses Phänomen. "Die jungen Frauen fügen sich, weil es eben auch einfacher und bequemer ist", vermutet Petra Lichtenfeld. Nach wie vor sähen sich die Männer nämlich nicht so für Haushalt, Kinder und Familie zuständig wie das Frauen tun. "Und ganz ehrlich, es ist natürlich auch irgendwie nett, mittags nach Hause gehen zu können, mehr freie Zeit zu haben und sich in Ruhe um seinen Haushalt kümmern zu können." Petra Lichtenfeld hat auch die Erfahrung gemacht, dass nicht alle Frauen die Fortbildungsangebote, die es gibt, so annehmen wie Männer , oft auch aus Gründen der Bequemlichkeit. Eine Fortbildungsmaßnahme ist natürlich auch mit zusätzlichem Aufwand verbunden.

Auch bei der Stadt Freising ist die Mehrheit der Beschäftigten weiblich, nämlich 63 Prozent. Der Anteil der Frauen in Führungspositionen liegt nach Auskunft von Pressesprecherin Christl Steinhart bei 40 Prozent. Insgesamt 476 Frauen arbeiten bei der Stadt, 320 davon, also die überwiegende Mehrheit, sind jedoch auch hier teilzeitbeschäftigt. "Das wird von den Frauen, die in der Familienphase sind, so gewünscht", berichtet Freisings Bürgermeisterin Eva Bönig. Die Frauen seien jedoch nicht gezwungen, diese Teilzeitstelle auf immer und ewig auszuüben. "Wer zeitlich wieder aufstocken will, der kann das auch tun. Es wird dann nach einer Möglichkeit gesucht. Es kann dann nur sein, dass man dann in einer anderen Abteilung arbeitet", so Eva Bönig weiter. Auch Fortbildungsmaßnahmen für Frauen biete die Stadt Freising an. "Die werden gerne von den Frauen angenommen, die sich unterhalb der Referats- und Abteilungsposten befinden, sozusagen in der ersten Reihe dahinter."

Auch in der Freisinger Arbeitsagentur stellt man fest, dass Teilzeitarbeit überwiegend weiblich ist. "Die Nachfrage von Frauen nach Teilzeitstellen ist höher als das Angebot", berichtet Pressesprecherin Christin Schöps. Festzustellen sei jedoch, dass junge Frauen mittlerweile nach der Familienpause schneller wieder in den Beruf zurückkehrten, als dies früher der Fall gewesen sei. "Familienpausen, die zehn Jahre dauern, werden seltener", erklärt Christine Schöps. Wenn die Frauen mit Kindern Vollzeit arbeiten sollen, müssten aber auch die Rahmenbedingungen stimmen, sagt sie. "Das ist ein Dreiklang. Die Frauen müssen das wollen, die Arbeitgeber müssen bei den Arbeitszeiten flexible Angebote machen und der Staat muss das Kinderbetreuungsangebot ausbauen."

© SZ vom 23.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: