Freising:Urteilsbegründung ist da

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Verwaltungsrichter Erwin Allesch erläutert auf 354 Seiten, warum alle 16 Klagen gegen die dritte Startbahn abgewiesen wurden. Er sieht weder einen Mangel an den Bedarfsprognosen, noch Verstöße gegen den Naturschutz

Von Johann Kirchberger, Freising

Der Vorsitzende Richter des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, Erwin Allesch, hat sich lange Zeit gelassen, aber nun ist sie da, die Begründung des Urteils zu den Plänen für den Bau einer dritten Start- und Landebahn am Flughafen München. Was da am Dienstagnachmittag ankam, hat noch niemand genau gelesen. Ist auch nicht möglich. Allesch nämlich hat gründlich gearbeitet und die Abweisung aller 16 Klagen gegen die Startbahn auf 354 Seiten erläutert. Die Kläger haben nun einen Monat Zeit, um Beschwerde gegen die Nichtzulassung einer Revision einzulegen, und zwei Monate, um dies zu begründen.

Wie bereits bei der mündlichen Verkündung des Urteils am 19. Februar, kann Allesch keine Mängel an den Bedarfsprognosen feststellen, merkt an, dass sich die Belastungen der Anwohner trotz einer nicht unerheblichen Mehrung des Fluglärms innerhalb der gesetzlichen Grenzen bewegen und das Privateigentum der Kläger zum Wohle der Allgemeinheit in Anspruch genommen werden dürfe. Außerdem könnten keine durchgreifenden Verstöße gegen nationales und europäisches Naturschutzrecht festgestellt werden. Wörtlich heißt es in der Urteilsbegründung: "Nach umfassender Prüfung und nach gründlicher Abwägung", sei festzustellen, "dass sich die mit der planfestgestellten Flughafenerweiterung verfolgte Befriedigung der öffentlichen Verkehrsnachfrage sowie die damit einhergehende Stärkung von Wirtschaftskraft und Beschäftigung im Flughafenumland mit Ausstrahlungen auf den ganzen Freistaat gegen die widerstreitenden Rechtspositionen und Interessen durchsetzen." Die Kosten des Rechtsstreits bürdet Allesch den Klägern auf, auch die der Beigeladenen (FMG) .

Helga Stieglmeier, Sprecherin von Aufgemuckt, ist bei einer Schnelldurchsicht der Begründung der Satz aufgefallen, dass die Prognosen der FMG von den Klägern nicht erschüttert werden konnten. "Wenn die reellen Zahlen das Gericht nicht erschüttern, kann mich auch das Urteil nicht überzeugen", sagte sie. "Unsere Rechtsanwälte werden die Urteilsbegründung genau durchforsten", versprach der Vorsitzende der BI Attaching, Franz Spitzenberger. "Der Kampf geht weiter", sagte er, und er glaube, dass Anhaltspunkte gefunden werden, um beim Bundesverwaltungsgericht zu landen. Insgesamt sei er positiv gestimmt, "die dritte Startbahn lässt sich politisch nicht mehr durchsetzen".

Auch Christine Margraf vom Bund Naturschutz, will sich erst einmal einlesen, "unsere Deadline für die Begründung der Revision ist der 8. September". Die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum europäischen Natur- und Artenschutz mache ihr jedoch Hoffnung, dass die Anwälte Ansatzpunkte finden, um die Revision zu erkämpfen. Die falschen Prognosen spielten ihrer Meinung wohl keine Rolle, "das ist eine rein rechtliche Diskussion".

Landrat Josef Hauner hat das Thema bereits auf die Tagesordnung des Kreisausschusses am Donnerstag gesetzt. Er will sich dabei ermächtigen lassen, alle notwendigen Schritte zu ergreifen, um den Weg zum Bundesverwaltungsgericht zu gehen. Er gehe von einstimmigen Beschlüssen aus, so Hauner, "der Landkreis wird die Bevölkerung nicht im Stich lassen". Konkret könne er noch nichts sagen, meinte auch OB Tobias Eschenbacher, "unsere Anwälte werden die Begründung aber während der Sommerferien genau studieren".

© SZ vom 09.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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