Freising:Riskante Fahrten

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Die Besatzung eines Rettungswagens hat durchaus die Möglichkeit, sich anzuschnallen. Manchmal muss der Notarzt aber während einer Fahrt aufstehen, um den Patienten zu betreuen. In Linienbussen gibt es keine Gurtpflicht

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Die gute Nachricht vorweg: Nach dem schweren Unfall vom Freitagnachmittag auf der Kreuzung Haindlfinger Straße/Karwendelring, bei dem ein Stadtbus gegen einen Notarztwagen in voller Fahrt gekracht war, geht es allen Beteiligten wieder besser. Auch dem zunächst schwerverletzten Notarzt und dem Herzinfarktpatienten im Sanka. Dennoch stellen sich einige Fragen. Zum Beispiel die, ob eine Gurtpflicht in Stadtbussen bei schweren Unfällen wie diesem nicht sinnvoll wäre und wie man die Besatzung von Notarztwagen bei Zusammenstößen am besten schützen kann.

Bei dem Unfall war ein 21-jähriger Krankenwagenfahrer mit Blaulicht und Martinshorn unterwegs. Im Krankenwagen befanden sich ein weiterer BRK-Mitarbeiter als Beifahrer, ein Patient mit Verdacht auf Herzinfarkt sowie der 46-jährige Notarzt. Der Krankenwagen fuhr bei Rot in die Kreuzung ein, wo es zum Zusammenstoß mit dem Linienbus kam, der von einem 46-jährigen gelenkt wurde. Der Krankenwagen kippte durch die Wucht des Aufpralles um und landete auf der Beifahrerseite. Dabei wurde noch der Wagen einer 52-jährigen Frau getroffen. Der Notarzt sowie der Patient wurden schwer verletzt und mit Rettungshubschraubern in Krankenhäuser geflogen. Dazu kamen fünf leicht verletzte Personen, darunter der Busfahrer sowie die BRK-Besatzung. Die Unfallstelle war bis in die Abendstunden gesperrt.

Schutzlos sei die Besatzung eines Notarztwagens in solchen Fällen nicht, versichert Hubert Böck, Rettungsdienstleiter beim Bayerischen Roten Kreuz in Freising (BRK). "Jeder im Wagen hat die Möglichkeit sich anzuschnallen, der Patient auf der Trage ist gesichert und auch für den mitfahrenden Notarzt gibt es einen Stuhl mit einem Gurt." Doch manchmal müsse der Notarzt eben während der Fahrt aufstehen, wenn er sich dem Patienten widmen, ihn beispielsweise beatmen müsse. Ob das bei dem Unfall am Freitag der Fall gewesen sei, das wisse er nicht, sagt Hubert Böck. Müsse ein größerer Eingriff im Notarztwagen an dem Patienten vorgenommen werden, zum Beispiel beim Intubieren, dann geschehe das nicht bei voller Fahrt. "Dann hält der Fahrer den Wagen zur Sicherheit an", erklärt Böck weiter.

Nicht immer kann der Notarzt angeschnallt auf seinem Stuhl sitzen bleiben, wenn er im Rettungswagen mitfährt. Bei Unfällen wird das gefährlich. (Foto: Marco Einfeldt)

Bei dem Unfall ist auch eine Frau, die mit dem Freisinger Stadtbus unterwegs war, leicht verletzt worden. Wäre das nicht passiert, wenn sie in ihrem Sitz angeschnallt gewesen wäre? Eine Gurtpflicht für Stadtbusse, erklärt Dieter Weiden Hauptkommissar bei der Polizei Freising, sehe der Gesetzgeber nicht vor. "Die gilt nur für die neueren Fernbusse."

Erlassen wurde die Gurtpflicht für Reisebusse im Jahr 2006. Der Busfahrer ist verpflichtet, jeden Fahrgast vor dem Start auf die Anschnallpflicht hinzuweisen. Erwachsenen Fahrgästen ist die Entscheidung dann selbst überlassen - bei einer Kontrolle müssen sie aber mit einer Strafe rechnen. Bei Linienbussen im Stadtverkehr sei das einfach nicht machbar, so Dieter Weiden. Die Haltestellenabstände seien einfach zu kurz, der Bus bleibe ja alle paar 100 Meter stehen. Durch das An- und Abschnallen verzögerten sich dann die Haltezeiten. Außerdem würden in überfüllten Stadtbussen auch stehende Personen befördert, die sich gar nicht anschnallen könnten. Natürlich, so Hauptkommissar Weiden, sei es immer besser, wenn jeder in einem Fahrzeug angeschnallt sei, aber praktisch sei das eben nicht immer umzusetzen, auch nicht bei einem behandelnden Notarzt in einem Sanka, der gerade auf Einsatzfahrt sei.

Nach wie vor sucht die Polizei nach Zeugen des Unfalls. Wer etwas beobachten konnte, wird gebeten, sich mit der Polizei Freising, Telefon 0 81 61/5 30 50, in Verbindung zu setzen.

© SZ vom 21.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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