Wohnungsmarkt:Ohne Hoffnung

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Der Wohnungsmarkt in Freising ist weiter völlig überhitzt. Geringverdiener haben keine Chance, und wer auf eine Sozialwohnung hofft, muss jahrelang warten. Jeder weiß, das kann nicht so bleiben, doch die Stadt braucht Hilfe

Von Kerstin Vogel, Freising

Wenn es um sozialen Wohnungsbau geht, agiert die Stadt Freising verglichen mit allen anderen Kommunen in der Region vorbildlich - weil sie als einzige auf diesem Gebiet überhaupt aktiv ist, sprich: selber Wohnungen baut und diese dann vergibt. Trotzdem kann der alljährliche Vergabebericht des Sozialamts, der am Montag im Finanzausschuss vorgestellt wurde, bestenfalls als frustrierend bezeichnet werden. Der Wohnungsmarkt in der Stadt ist weiter völlig überhitzt. Wer nicht zu den Besserverdienern gehört, hat es schwer, wer gar Empfänger von Sozialleistungen ist, hat keine Chance.

Die Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt seien im Vergleich zum Vorjahr erneut gestiegen, heißt es in dem Bericht von Sozialamtsleiter Robert Zellner zur derzeitigen Situation. Für Empfänger von Sozialleistungen "fehlt bei den Vermietern die Akzeptanz". Für jede freie Mietwohnung gibt es offenbar genug zahlungskräftige Bewerber, "so dass finanziell schwache Haushalte keine Berücksichtigung finden". Gleichzeitig ist die Zahl der Zwangsräumungen weiterhin steigend.

Was die Vergabe der aktuell 768 städtischen Wohnungen angeht, so konnten konkret nur 50 Bewerber vom freien Markt neu untergebracht werden. Laut Zellner sind das "nicht einmal halb so viele wie in früheren Jahren". 13 Haushalte wurden aus den städtischen Notunterkünften in eine Wohnung der Stadt umquartiert und in 59 Fällen wurden Wohnungen wegen der jeweiligen Größe getauscht. 63 dieser insgesamt 122 Wohnungszuweisungen erfolgten in den Neubauten der Stadt an der Rotkreuz- und der Josef-Schlecht-Straße.

Die Anzahl der Bewerber um geförderten Wohnraum ist Zellner zufolge im Vergleich zum Vorjahr zwar von 491 auf 274 gesunken. Das liege jedoch allein daran, dass man seit Februar 2014 keine Wohnungsanträge für die Stadt selber mehr annehme. Bekanntlich hatte der Finanzausschuss seinerzeit entschieden, nur noch bayernweit gültige Wohnberechtigungsscheine auszustellen, weil in den nächsten fünf bis sieben Jahren ohnehin für niemanden die Chance auf eine Sozialwohnung bestehen würde - so lang sind die Wartelisten.

Sozialamtsleiter Robert Zellner hat keinen begehrenswerten Job angesichts der Lage auf dem Wohnungsmarkt. (Foto: Marco Einfeldt)

Hatten die Mitarbeiter des Sozialamtes schon wegen dieser Entscheidung mit Anfeindungen zu kämpfen, beklagt Zellner auch aktuell "eine erhöhte Aggression der Wohnungssuchenden bei der Vorsprache". Viele seien verzweifelt und fühlten sich benachteiligt, heißt es in seinem Bericht weiter: Der Vorschlag, die Wohnungssuche außerhalb des Stadtgebiets fortzusetzen werde meist abgelehnt und empört zurückgewiesen. Tatsächlich seien die Bereiche, in denen es bezahlbaren Wohnraum gibt, meist so weit von Freising entfernt, dass dies mit dem Verlust des Arbeitsplatzes und des sozialen Umfelds verbunden wäre.

Dass das alles kein Zustand ist, darüber herrschte im Finanzausschuss Einigkeit. Ebenso einig war man sich jedoch, dass die Stadt alleine hier nichts wird ausrichten können. Der allgemeine Appell richtete sich vor allem an den Landkreis Freising und seine Wohnbaugesellschaft, aber auch an die anderen Kommunen, dass diese beim sozialen Wohnungsbau "ebenfalls ihre Pflicht erfüllen", wie es Waltraud Heinlein-Zischgl (Grüne) formulierte. Heidi Kammler (SPD) sprach den schlechten Zustand der Wohnungen an der Oberen Pfalzgrafstraße an. Hier müsse sehr bald etwas passieren, sagte sie - Zellners Bericht macht da jedoch wenig Hoffnung: Die Entmietung dort und Am Stengerbach sei nach wie vor nicht möglich, heißt es da: "Ohne die Bereitstellung von neuem Wohnraum ist nicht mit einer Lösung in den nächsten zehn Jahren zu rechnen."

Eckhardt Kaiser attestierte Zellner angesichts der Situation, "einen der bescheidensten Jobs im ganzen Rathaus" zu haben. Er bat darum, seitens der Stadt eine Lösung zu finden, wie man leer stehende Wohnungen, die für Geringverdiener zu teuer seien, für diese doch irgendwie bezahlbar machen könne - gemeint waren wohl Mietzuschüsse aus dem Stadthaushalt. Viele der Betroffenen hätten schlecht bezahlte Arbeitsplätze am Flughafen, so Kaiser, ihnen und anderen müsse man helfen. Wie viele der Wohnungsbewerber tatsächlich am Flughafen arbeiten, kann die Stadt nicht exakt ermitteln. Laut Zellner wird ihre Zahl auf etwa 100 geschätzt.

© SZ vom 17.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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