Freising feiert:Ein Sommernachtstraum im April

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Die Grupo Abanico im Franziskus. (Foto: Marco Einfeldt)

Hunderte ziehen bei der der "Nacht der Musik" wieder durch die Freisinger Innenstadt. Die Bedingungen sind perfekt, sogar eine WG-Party wird an diesem lauen Abend auf die Straße verlagert.

Von Johannes Stuhrmann, Freising

Das Licht der Laternen färbt die Marienstatue in ein zartes Rot. Menschen sitzen auf dem Geländer und wippen mit ihren Füßen. An den Biertischen auf dem Marienplatz klirren Weißbiergläser. Ein verliebtes Pärchen schlendert Hand in Hand durch die Straße, Kinder schlecken an ihrem Erdbeereis und fahren auf ihren Rollern. Langsam wird es dunkel, es hat aber immer noch 22 Grad. Ein Sommernachtstraum im April. Es ist "Freisinger Nacht der Musik", veranstaltet vom Verein "Prima leben und stereo". Insgesamt 16 Bands und DJs bieten in 14 Bars Live-Musik. Am frühen Abend hält man sich aber lieber draußen auf.

So zumindest die Menschentraube vor der "Hansi Bar". Dort hört man "Lets get loud". Die Leute, die vom Marienplatz kommen, werden hier abgefangen. Die Bar beteiligt sich nicht an der Nacht der Musik, keine Live-Band spielt, es tönt nur laut aus den Boxen. Dann wechselt die Musik zu "Red, red wine", doch die Gäste stampfen lieber mit Strohhalmen in ihren Mojitos. Welche Bar macht also noch mal mit? Einfach mal der Musik und den Menschen nach. Also zum "Parkcafé". Auf einem Barhocker sitzt die Sängerin Anja Reza von Riserva 17. Im dunklem Abendkleid und mit geschlossenen Augen interpretiert sie einen Mix aus Blues und Jazz. Darauf folgt ein eigenwilliges Saxofon-Solo. Die Musik lädt zum Bewegen ein. Platz auf der Tanzfläche gibt es genug, doch verhaltene Fußtipper zeigen noch Luft nach oben.

Frische Luft wünscht man sich dagegen im "effe & gold". Dort dampft es bis zur Decke. Die dreiköpfige Band Heavymörtl covern "Californication" von Red Hot Chili Peppers. 17-jährige Mädels heben ihre Biergläser in die Höhe und kreischen mit. Jemand verlässt die Bar, weil sein Freund nicht mehr reinkommt - Einlassstopp.

Vor dem Laden "Früchte Schweiger" wurde eine WG-Party nach draußen verlagert. Auf einem Tisch spielen Studenten Bierpong. Daneben werfen deren Kommilitonen beim "Flunkyball" nach einer stehenden Flasche. Aus dem Fenster im zweiten Stock lässt jemand seine Beine hängen und kommentiert das Geschehen. Ein Tischtennisball hüpft davon. Festivalfeeling mitten in der Oberen Hauptstraße.

In der "Q-Bar" dröhnt das Duo Recheneinheit Karoli vom schmalen zweiten Stock herunter. Bekleidet mit Sonnenbrille und Jogging-Hose haut der eine auf seiner pinken E-Gitarre den Song "Born in the USA", elektronisch allerdings so verzerrt, dass er gerade noch erkennbar ist. Einige von der "Q-Bar" trifft man im "Furtner" wieder.

Passend zur Ska-Musik der Band Rapid tropft es dort tropisch. Gegen Flüssigkeitsmangel wird weitere Biereinnahme empfohlen, Prost. Frauen fahren sich durch die Haare, Männer wischen sich den Schweiß von der Stirn. Beim Tanzen schwappt das Bier über den Glasrand. Man fächelt sich Luft zu, die Scheiben beschlagen. Am Eingang staut es sich, "Bitte alle mal nach vorne rücken." Eine Tanzschlange schlängelt sich durch den Raum. Zu jeder Stunde schließlich eine kurze Verschnaufpause - einmal Durchlüften bitte. Fenster auf und Dunstwolke raus. Dann kann auch der Schlagzeuger nach einem fünf Stunden Auftritt aus seiner Spezi schlürfen.

Draußen vor dem "Furtner" sitzen die Jugendlichen in Gruppen auf dem Bürgersteig, rauchen, plaudern und nippen an ihren Bierflaschen. Ein Straßenkünstler packt kurzerhand seine Gitarre aus, singt etwas zu laut und etwas zu schräg und bekommt den guten Rat, damit aufzuhören: Dafür haben die Leute nicht bezahlt. Er packt ein, bekommt dann aber doch noch Applaus. Im "Bierstüberl" stockt es bereits am Eingangsbereich. Die Band Midlife or Crisis? beschallt einen mit wilden Gitarrensoli. Jemand hält noch einen verlängerten Kameraarm rein, während andere mit Fäusten über den Köpfen tanzen. "Ists vorbei, musst du woanders hin", sinniert ein Herr, der um viertel vor zwölf vom Marienplatz torkelt. Dort werden gerade die Bänke abgebaut, also noch zum "Franziskus". Die Salsa Rhythmen versprechen viel, drinnen aber tanzt als einziges die Sängerin der Grupo Abanico. Ihr Kleid streift den Boden, rot lackierte Zehennägel leuchten hervor. An den Tischen klopft man nur mit den Fingern mit. Eine Kellnerin drückt sich durch und bringt Cuba Libre. Wenigstens stimmen die Getränke.

Bierflaschen stehen einsam am Straßenrand. Beim Nachhauseweg stützen sich ein paar Kerle kameradschaftlich. Fahrräder fahren vorbei und klingeln in der Nacht. Auch ein Sommernachtstraum ist irgendwann vorbei.

© SZ vom 23.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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