Lebensgroße Tierfigur:Die Kuh ist vom Dach

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Eine lebensgroße Tierfigur verschwindet und wird am gleichen Tag in einem Garten wieder entdeckt. Das Motiv der Tat ist rätselhaft.

Von Christoph Dorner, Freising

Wenn die Kuh endlich vom Eis ist, sind meistens alle glücklich. Denn dann ist der Redensart nach ein schwieriges Problem gelöst. Und die Kuh ist wirklich oft vom Eis: in der Politik, in der Wirtschaft. Sie bleibt auch oft auf dem Eis, nur sagt das dann niemand. Dass die Kuh vom Dach ist, wird dagegen wohl nicht so schnell in den deutschen Sprachschatz eingehen. Und doch kann auch das passieren, etwa am Wochenende in Freising. Dort ist, einfach so, in der Nacht von Samstag auf Sonntag eine lebensgroße Plastikkuh vom Vordach eines Reihenhauses in der Auenstraße verschwunden.

Die Polizei ermittelte, die Facebook-Freunde aus dem Umfeld der Besitzerin ebenfalls. Und siehe da: Nach dem Hinweis einer Nutzerin des sozialen Netzwerkes wurde die Kuh in einem privaten Vorgarten zwischen Schleifermoosach und Fürstendamm entdeckt. Sie stand dort abholbereit, wie die Kuh auf dem Eis.

Man kommt nicht umhin, einen Lausbubenstreich in bester Ludwig-Thoma-Manier zu vermuten, zumal die Besitzerin der Figur eine regelrechte Kuh-Expertin ist. Denn Professorin Gabriela Knubben-Schweizer ist Lehrstuhlinhaberin für Innere Medizin und Chirurgie der Wiederkäuer an der LMU München. Derzeit erforscht sie in einem Projekt den Leberegel, einen Parasit, der die Gesundheit und die Wirtschaftlichkeit der Milchkuh beeinträchtigt.

Die Plastikkuh war 2007 ein Hochzeitsgeschenk gewesen. Bevor Knubben-Schweizer 2011 mit ihrer Familie aus der Schweiz nach Freising zog, hatte sie einen Bauernhof gepachtet. Dort stand die schwarz-weiß gefleckte Plastikkuh artgerecht auf der Weide herum.

In Freising musste das Tier aufs Dach. Denn bei 130 Zentimeter Stockmaß war im Wohnzimmer kein Platz . "Sie geht mir bis zum Kinn", sagt die Tiermedizinerin am Telefon. Normalerweise ist so eine Kuh 500 Kilogramm schwer, die Nachbildung wog immerhin etwa 50 Kilogramm und war am Flachdach des Hauses festgeschraubt. An einen nächtlichen Spontantäter glaubt Knubben-Schweizer daher nicht.

Denn man brauche schon mindestens zwei Personen, eine Leiter, Werkzeug und ein großes Fahrzeug, um die Kuh aus drei Metern Höhe auf den Boden zu hieven. Wer ihr einen derart geplanten und ausgeführten Streich gespielt hat, kann sich Knubben-Schweizer aber nicht vorstellen. Ein fast schon zärtliches Motiv der Täter, nämlich eine Befreiungsaktion, bei der die Kuh in die Natur gebracht wird, will die Besitzerin gerade noch gelten lassen: "Ja, das hat was."

Der Freisinger Polizeichef Ernst Neuner mag einen dummen Faschingsscherz dagegen nicht ganz ausschließen, zumal die Laterne vor dem Wohnhaus an der Auenstraße bei der Aktion beschädigt wurde. Neuner kann sich vorstellen, dass den Dieben nach etwa 1,6 Kilometern Fußweg die Kraft ausgegangen ist. Womöglich hätten sie die Kuh deshalb auf dem Privatgrundstück stehen gelassen. Dessen Eigentümer scheiden als Täter aus. "Die waren selbst ganz überrascht, dass eine Kuh in ihrem Garten steht", sagt Neuner.

Am Sonntagmorgen war nicht nur die Polizei alarmiert worden. Eine Freundin startete für Knubben-Schweizer zudem einen Suchaufruf bei Facebook: "Meine Lieben, wir brauchen Eure Hilfe und wachsamen Augen", begann das Posting. Am Nachmittag kam der entscheidende Hinweis von einer Frau. Sie hatte die Kuh beim Spazierengehen entdeckt. Beim Abtransport half Nachbar Michael Wüst, Ortsbeauftragter des THW.

Die Figur kommt wieder aufs Dach, sagt Gabriela Knubben-Schweizer. Vorher soll sie aber einen neuen Anstrich bekommen.

© SZ vom 18.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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