Abrechnung erst in drei Jahren:Luftnummern

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Die frisch gegründete Bürgerinitiative Innenstadtsanierung verschafft ihrem Unmut mit einem Transparent Luft. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Stadt Freising und Altstadtbewohner rangeln um die Sanierungskosten für Weizengasse, General-von-Nagel-Straße und Heiliggeistgasse. Dabei weiß bislang keine Partei, um welche Summen es geht

Von Kerstin Vogel, Freising

Transparente an den Fassaden, eine neue Bürgerinitiative, eine Facebook-Seite, die schon 111 Menschen "gefällt" und zahlreiche Leserbriefe an die örtlichen Zeitungen: Seit die Stadt Ende Juni die Anlieger über die beginnenden Arbeiten zur Neugestaltung der City informiert hat, kocht der Zorn der Altstadtbewohner hoch. Denn nach aktueller Rechtslage müssten sie 70 Prozent der anfallenden Kosten tragen - ein Unding, wie die Betroffenen finden. Schließlich werde die Innenstadt von allen Freisingern und diversen Besuchern genutzt - ihre Sanierung sei also von der Allgemeinheit zu bezahlen.

Es ist das Regelwerk mit dem sperrigen Namen "Straßenausbaubeitragssatzung", das hier für Ärger und Verunsicherung sorgt - nicht zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte der Stadt, wie beispielsweise die Anwohner der Straße Am Kirchenpoint in Achering bestätigen können. Im speziellen Fall des Ausbaus von Weizengasse, General-von-Nagel-Straße und Heiliggeistgasse identifiziert die Satzung die drei Straßenzüge als künftig verkehrsberuhigte Bereiche. Damit aber sind sie "Anliegerstraßen" und für diese ist ein Kostenanteil von 70 Prozent für die Anlieger festgeschrieben - der Höchstsatz, der in Freising überhaupt möglich ist.

Ungerecht finden das die Betroffenen in der Innenstadt, weil ja die geplante Aufwertung der City schließlich allen zugute kommen solle - und deshalb auch nicht unbedingt gespart wird: "Die Entwürfe der Planungsbüros schwelgen in einer Vision aus hochwertigem Natursteinpflaster, Parkbänken aus Edelholz bis hin zu Leuchtstelen-Reihen", kritisierten einige Anwohner in einem Leserbrief, die Rede war und ist von bis zu 25 000 Euro, die einzelne Anlieger aufzubringen hätten.

Dass das so nicht kommen wird, versichert Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher indes schon seit Wochen. Ja, die Anwohner müssten für die geplante Sanierung der Innenstadt mitzahlen, räumt er ein. Doch welche Summen da aufzubringen sind, kann aktuell niemand sagen - schon deshalb nicht, weil noch keiner weiß, wie viel die Umgestaltung der Altstadt am Ende kostet. Man rede immer noch von einem Vorentwurf, ohne Kosten in dem Sinne überhaupt fixiert zu haben, erklärte Stadtbaudirektor Gerhard Koch am Donnerstag im Stadtrat.

Außerdem - und das gilt es wohl tatsächlich abzuwarten - verhandelt die Stadt aktuell mit der Rechtsaufsicht über zwei Fragen, die noch nicht abschließend geklärt sind, wie Eschenbacher sagte: So werde geprüft, ob die fraglichen Straßenzüge wegen ihrer Lage in der Innenstadt trotz der Verkehrsberuhigung wirklich als Anliegerstraße bewertet werden müssen. Außerdem kläre man, ob statt der geplanten hochwertigen Variante nicht lediglich ein Standardausbau auf die Anwohner umgelegt werden könne, so der Oberbürgermeister; "Da schaut es recht gut aus."

Ein bisschen umstritten ist, seit wann die Anwohner wissen, dass sie zur Kasse gebeten werden. Die Betroffenen selber wollen das zum ersten Mal bei der nicht-öffentlichen Informationsveranstaltung Ende Juni gehört haben. Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher dagegen sagte am Donnerstag auf eine entsprechende Nachfrage von Grünen-Stadtrat Sebastian Habermeyer, dass dies in der Diskussion um die neue Innenstadtkonzeption von Anfang an thematisiert worden sei - spätestens aber bei den Diskussionen rund um den Bürgerentscheid zur Moosachöffnung im Mai 2014.

Hoffen können die Anwohner der Freisinger Innenstadt auf jeden Fall noch auf den Gesetzgeber, denn auch andernorts sind die Straßenausbaubeitragssatzungen umstritten. Erst Mitte Juli hat sich der bayerische Landtag in einer Expertenanhörung mit dem Thema befasst, die SPD-Fraktion hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Straßenausbaubeitragsrechts angekündigt. Die Freisinger Innenstadt aber wird laut Eschenbacher frühestens in drei Jahren abgerechnet - und zwar nach dann geltendem Recht.

© SZ vom 25.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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