Eine der letzten Zeitzeuginnen:Nur ein paar Tage

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Eva Umlauf ist eine der jüngsten Überlebenden des KZ Auschwitz. Als Zweijährige wurde ihr noch die Nummer eintätowiert. (Foto: Alexandra Schellnegger)

Dass sie als Kind nicht im Vernichtungslager Auschwitz ums Leben gekommen ist, verdankt Eva Umlauf einem glücklichen Zufall. Im Schafhof liest die Holocaust-Überlebende aus ihrem Buch

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Eva Umlauf, geboren am 19. Dezember 1942 im Arbeitslager Nováky in der Slowakei, ist eine Überlebende des Holocausts und Zeitzeugin. Sie ist eine der jüngsten Überlebenden des KZ Auschwitz, der als Zweijährige noch eine Nummer eintätowiert wurde. Ihre Erinnerungen hat sie in dem Buch "Die Nummer auf deinem Unterarm ist so blau wie deine Augen" dokumentiert. Daraus liest sie am Dienstag, 13. Dezember, um 20 Uhr in der Reihe "Literatur im Schafhof" im Café des Künstlerhauses.

Eva Umlauf wurde in einem slowakischen Durchgangslager geboren, aus dem Menschen jüdischer Herkunft in Vernichtungslager im besetzten Polen deportiert wurden. Nach knapp zweijährigem Aufenthalt in diesem Lager wurde sie mit ihrer Mutter, die damals im vierten Monat schwanger war, in das KZ Auschwitz gebracht. Es war der letzte Transport aus Sered. Er kam erst am 2. November 1944 in Auschwitz an. Die Differenz von zwei oder drei Tagen hat ihr das Leben gerettet, denn zum 31. Oktober 1944 waren - angesichts der vorrückenden Roten Armee und aufgrund der anlaufenden Vertuschungsversuche - die Vergasungen in Auschwitz eingestellt worden. Noch am 30. Oktober 1944 wurden einige Tausend Mütter mit ihren Kindern, die aus Theresienstadt nach Auschwitz deportiert worden waren, im Gas ermordet. Trotz des beginnenden Chaos wurde dem Kleinkind noch die KZ-Nummer eintätowiert. Es wurde während dieser schmerzhaften Prozedur ohnmächtig.

Nur mit großem Glück überlebten die schwangere Mutter und ihre Tochter den dreimonatigen KZ-Aufenthalt bis zur Befreiung durch die Rote Armee am 27. Januar 1945. Mutter und Tochter waren aufgrund von Unterernährung, Krankheiten und Schwangerschaft nicht transportfähig und blieben noch sechs Monate im Lager. Im April 1945 wurde Eva Umlaufs Schwester Nora im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz geboren, gesund. Der Vater Imrich Hecht wurde am 20. Januar 1945 vom KZ Auschwitz in das KZ Melk, eine Außenstelle des KZ Mauthausen, deportiert, wo er am 20. März 1945 ums Leben kam.

Als die Mutter im Juli 1945 mit ihren beiden kleinen Töchtern in die Tschechoslowakei zurückkehrte, nahm sie auch einen fünfjährigen Jungen mit, der in Auschwitz beide Eltern verloren hatte. Später lebte die Familie in der Kleinstadt Trenčín, in der beide Töchter Abitur machten. Eva Umlauf studierte in Bratislava Medizin, heiratete 1966 einen polnischen Shoah-Überlebenden und ging 1967 nach München. Sie konnte sich lange nicht an die furchtbaren ihrer frühen Kindheit erinner - verdrängte die Auseinandersetzung damit. Erst als sie mit 72 Jahren einen Herzinfarkt erlitt, stellte sie sich der Vergangenheit. 2011 sprach Eva Umlauf bei der Gedenkfeier in Auschwitz. Seither engagiert sie sich als Zeitzeugin. Im Jahr 2016 erschienen ihre Erinnerungen unter dem Titel "Die Nummer auf deinem Unterarm ist blau wie deine Augen" als Buch.

Karten für den Abend gibt es an der Abendkasse. Reservierungen sind möglich unter mail@thomas-kraft.net oder bei Bücher Pustet in Freising.

© SZ vom 08.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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