Ein paar Wochen Enthaltsamkeit:Kollektiver Verzicht

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Die Fastenzeit hat begonnen. Sie kann auf vielfältige Weise gestaltet werden: Der eine isst nichts Süßes, der andere kein Fleisch - und man kann auch einfach mal sieben Wochen lang den Fernseher auslassen

Von Matthias Weinzierl, Freising

Mit dem Aschermittwoch hat wieder einmal die Zeit des kollektive Verzichts begonnen - für viele ist das auch ein willkommener Anlass, um endlich mal den Weihnachtsspeck abzuschütteln, warum sonst sollte die AOK genau jetzt einen Kurs mit dem Titel "aktives Abnehmen" anbieten? Heutzutage gibt es viele verschiedene Arten zu fasten, ganz egal ob man jetzt ein paar Wochen ohne Süßigkeiten, Computer oder ohne Fußball im Fernsehen verbringt. Die SZ hat bei einigen Freisingern nachgefragt, wie sie es denn mit dem Fasten halten.

Der Freisinger Pallottiner Pater Rolf Fuchs, übt den Brauch des Fastens nach dem Aschermittwoch bis Ostern immer noch aus, obwohl er es aus Altersgründen eigentlich nicht mehr müsste: Ab einem Alter von 65 Jahren sei man nach den Vorgaben der katholischen Kirche nämlich nicht mehr verpflichtet zu fasten. "Ich mache es aber auch noch mit 67 Jahren, damit mein Eisbeinfriedhof nicht zu groß wird", sagt er. In der katholischen Kirche bedeute Fasten ursprünglich, sich nur einmal am Tag satt zu essen, aber Fuchs glaubt an mehr: "Es geht nicht nur um Enthaltung der Speisen, sondern auch darum, sich den Fragen des Lebens zu stellen und neue Lebensperspektiven zu suchen." Es gebe genug Anlässe, um seelisch die Balance zu verlieren. Die Fastenzeit sei deshalb auch dazu da, bewusst zur Ruhe und zu sich selbst zu kommen.

Meye Hoesch de Orellana, evangelische Pfarrerin in Freising, findet, es sei wichtig, auf etwas zu verzichten, das einem schwerfällt - ganz egal ob das Süßigkeiten oder Alkohol sind oder eine Angewohnheit, wie heimzukommen und erst einmal den Fernseher einzuschalten oder direkt nach dem Essen rauchen zu müssen. Außerdem sei die Fastenzeit ja auch ganz entspannend. Man komme von Weihnachten und Fasching, da sei so eine kleine Pause vor Ostern gar nicht schlecht, um ein wenig bewusster und gesünder zu leben nach all der Schokolade und den vielen Krapfen. Deshalb verzichte sie auch auf Süßigkeiten.

Was für den einen Laster ist, ist für den anderen Nervennahrung: Für Freisings 2. Bürgermeisterin Eva Bönig wären ein paar Wochen ohne Süßes wohl schwer zu bewältigen. Trotzdem findet sie Fasten prinzipiell gut, weil es einem bewusst mache, "was wir alles zur Verfügung haben, aber eigentlich nicht brauchen." Sie selbst esse in der Fastenzeit schlicht und einfach weniger. Fleisch gebe es bei ihr sowieso recht wenig und wenn, dann auch nur etwas von hochwertiger Qualität. Auch Computer und Handy seien für sie reine Arbeitsgeräte und nicht mehr: "Sie beherrschen mein Leben nicht." Wie jemand fastet, müsse man aber für sich selbst entscheiden, indem man sich bewusst mache, was man konsumiere und was wirklich nötig sei.

Andreas Muschler aus Freising wäre als Chocolatier quasi das personifizierte Laster. Doch in seinem Geschäft bekommt er davon nichts zu spüren: "Es wird in der Fastenzeit nicht weniger verkauft als sonst." Er erklärt sich das mit seinen Produkten: Wenn man in sein Geschäft komme, esse man bewusst und nicht einfach zwischendurch. Sein persönlicher Fastenrhythmus sei durch die Arbeit aber ein wenig verschoben: "Die katholische Fastenzeit ist ja kurz vor Ostern und das bedeutet für mich viel Arbeit." Und weil er die Qualität seiner Produkte sichern möchte, müsse er eben öfter mal probieren, wodurch sein täglicher Tagesbedarf an Zucker leicht gedeckt sei. Trotzdem habe auch er über das Jahr verteilt verschiedene Fastenzeiten, beispielsweise gebe es von Ayurveda, eine traditionelle indische Heilkunst, vorgeschlagene Termine in Frühjahr und Herbst.

Die Gastronomie bekommt von der Fastenzeit wohl allgemein wenig mit. Steffen Irion, Betreiber des Parkcafé, kann ebenfalls keine Veränderung der Geschäftslage erkennen. Am Aschermittwoch standen bei ihm als Fischgerichte Lachs mit Kartoffelsalat und zusätzlich gefüllter Oktopus auf der Speisekarte, aber trotzdem würden die Kunden genau so viel Fleisch essen wie sonst. Erst kürzlich habe sich ein Kunde darüber gewundert, dass auf das traditionelle Fischessen nicht so geachtet werde, aber ansonsten sei wirklich keine Veränderung zu erkennen.

Falls man die Fastenzeit trotzdem nutzen möchte, um den eigenen Körper effektiv zu reinigen, gibt es den harten Weg: eine Saft- und Suppendiät. Dabei verzichte man komplett auf feste Nahrung und nimmt eben nichts außer Suppen und Säften zu sich, sagt die Zollinger Ernährungsberaterin Diane Bauer. "Für einen Berufstätigen wäre das neben der Arbeit hart." Außerdem solle man zum Fasten auch zur Ruhe kommen. Wichtig sei dabei, ausreichend Flüssigkeit und Elektrolyte, lebenswichtige Verbindungen wie zum Beispiel Salz, zu sich zu nehmen und zusätzlich noch den Darm zu reinigen. Eine leichtere Form sei das vegane Fasten, also der Verzicht auf tierische Stoffe. Zu diesem Thema biete sie gerade einen Kurs in der Volkshochschule an.

© SZ vom 11.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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