Ein Dorf in Aufruhr:High Noon in Massenhausen

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Aufgebrachte Bürger funktionieren CSU-Versammlung um. Ihr Protest richtet sich gegen einen geplanten Straßenausbau

Birgit Grundner

In Massenhausen brodelt es: Aufgerüttelt durch die heftigen Diskussionen über den Straßenausbau in Hetzenhausen fürchten viele Dorfbewohner, dass sie bei einem ganz ähnlichen Projekt in einigen Jahren ordentlich zur Kasse gebeten werden - und sie fühlen sich in dieser Frage nicht ausreichend von der Gemeinde informiert. An der Spitze der Kritiker stehen Erwin Ilg und Rudi Jositz. Sie haben mit Handzetteln zur Teilnahme an einer CSU-Versammlung in Massenhausen aufgerufen, die damit zu einer Art Bürgerversammlung umfunktioniert wurde. Schon vier Jahre lang habe keine mehr stattgefunden, wird an diesem Abend mehrfach bemängelt.

Vor 150 Zuhörern geht es dann fast ausschließlich um das Thema Straßenausbau. Hauptansprechpartner sind aber nicht die Vertreter der CSU, sondern vielmehr Bürgermeister Rainer Schneider (Freie Wähler). Der sieht sich lautstarken Anfeindungen ausgesetzt, kann am Ende aber beschwichtigen: Es gebe noch gar keinen Gemeinderatsbeschluss für einen Straßenausbau in absehbarer Zeit, betont er. Und vor einer solchen Entscheidung dürften die Bürger ein gewichtiges Wort mitreden.

Wie groß deren Befürchtungen sind, über den Tisch gezogen zu werden, zeigt Ilgs Wortbeitrag, in dem er vor einer drohenden "sündteuren" Sanierung und vor einem Luxusausbau warnt. Angesichts der zu befürchtenden Gesamtkosten in Höhe von zehn Millionen Euro würden im Schnitt 27 000 Euro pro Haus fällig. In Hallbergmoos müssten die Bürger dagegen gar nichts bezahlen.

Erwin Ilg kommt in Schwung, redet sich immer mehr in Rage und spricht schließlich gar von "Fronten", "Schlacht" und "Krieg". Schneider hingegen wittert eine Rufmordkampagne und "Agitation" mit falschen Argumenten. Nicht immer erfolgreich versucht der Bürgermeister, sich während Ilgs Beitrag regulär zu Wort zu melden. Doch er bekommt dann Beistand von unerwarteter Seite: Altbürgermeister Gerd Michels (CSU), eher sein politischer Kontrahent, befindet, dass hier "fast ein Tribunal" stattfinde.

Ilg lässt sich dadurch nur wenig bremsen, berichtet von Gerüchten, wonach die Raiffeisenkasse bereits Kreditverträge für die Hetzenhausener vorbereite, die mit Summen bis zu 90 000 Euro zur Kasse gebeten würden. Ortssprecher Jakob Ziegltrum versucht immer wieder, die Wogen etwas zu glätten. Zwar habe die Gemeinde seiner Meinung nach tatsächlich den Fehler begangen, zuerst den Bebauungsplan in Angriff zu nehmen und erst dann die Diskussion mit der Bevölkerung zu suchen. Jedoch sei inzwischen auf deren Anregungen hin einiges an dem ursprünglichen Entwurf geändert worden.

Bürgermeister Schneider versichert, dass man auch in Massenhausen vor einem eigentlichen Verfahren mit jedem Grundstückseigentümer reden und die Entscheidungen nur mit den Anliegern treffen werde: "Und wenn Sie nur eine Oberflächenteerung wollen, dann kriegen Sie das", sagt er. In manchen Fällen sei nicht einmal das nötig, versichert eine Massenhausenerin: "Unsere Straße ist total in Ordnung." Wenn eine Maßnahme nicht notwendig sei und dieser Befund auch einer objektiven Überprüfung standhalte, werde die Gemeinde auch sicher kein Geld dafür rausschmeißen", verspricht Schneider beflissentlich.

Hätte der Bürgermeister in einem vorangegangenen Gespräch im Rathaus gesagt, dass die Bürger entscheiden dürfen, "dann wäre das in zehn Minuten erledigt gewesen", stellt Ilg schließlich fest. Das letzte Wort in dieser Sache hat freilich der Gemeinderat - und damit bleibt die Angst, dass der Wille der Bürger am Ende doch nicht zählt. So wie es einst bei der Entscheidung über den Kindergarten geschah. Damals hatte sich das Dorf in einer Befragung für ein Modell entschieden, doch der Gemeinderat fasste einen anderen Beschluss, heißt es. Und damit nicht genug: Rudi Jositz berichtet, dass in Giggenhausen unlängst intakte "Gehsteige herausgerissen" worden seien. Die Bürger hätten davon im Vorfeld nichts gewusst - und dennoch hätten sie die Rechnung bekommen.

© SZ vom 26.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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