Die Mieten steigen und steigen:Ruf nach einem Mietspiegel

Lesezeit: 2 min

Bezahlbarer Wohnraum ist in Freising Magelware. (Foto: FRS)

In Freising fehlt es an bezahlbarem Wohnraum - und die Situation wird immer schlimmer, wie Verdi-Vertreter beklagen.

Von Johann Kirchberger, Freising

Im Grunde genommen waren sich alle einig, die am Sonntag zum Frühschoppen der Gewerkschaft Verdi in den Grünen Hof gekommen waren. In der Flughafenregion, speziell in Freising, mangelt es an bezahlbarem Wohnraum und die Situation wird immer schlimmer. Zum einen werde viel zu wenig gebaut, zum anderen, hieß es, wollten große Immobilienfinanzierer schlichtweg Kasse machen. Weitgehend einig war man sich auch, dass die Mietpreisbremse nichts gebracht habe, ja sogar ein Flop sei - und dass Freising dringend einen Mietspiegel brauche.

Bürgermeisterin Eva Bönig verwies auf die Bemühungen der Kommune, günstigen Wohnraum anzubieten. Derzeit habe die Stadt Freising 1102 Wohnungen mit Sozialbindung. Sie verwies auch auf das "ehrgeizige Sanierungskonzept" der von den Stadtwerken geführten Wohnungsbau- und -verwaltungs GmbH (WVG), die mit hohem finanziellen Aufwand alte Sozialwohnungen saniere. Außerdem sei geplant, demnächst in Lerchenfeld weitere 80 bis 90 Wohnungen zu errichten, die "einkommensorientiert" vergeben würden. Dazu müsse die Stadt aktuell 268 in 139 Haushalten lebende Personen unterbringen, die sonst obdachlos wären. Auch kämen ständig Leute aus EU-Ländern an, die keinen Job und keine Wohnung hätten. Auf den Wohnungsmarkt drängten derzeit außerdem 419 anerkannte Asylbewerber. Zug um Zug werde die Stadt für Verbesserungen sorgen, versprach sie, den großen Wurf, auf einen Schlag 1000 neue Wohnungen zu bauen, werde es aber nicht geben.

In der Verantwortung sah die Bürgermeisterin auch die großen Arbeitgeber. Früher hätten in Freising Firmen wie Schlüter oder Feller für ihre Leute Werkswohnungen gebaut. Sie hielte es für wünschenswert, dass man dazu zurückkomme. Speziell im Auge habe sie dabei die Flughafen GmbH, sagte Bönig. Die will auch schon bald auf dem Wohnungsbausektor aktiv werden, wie Jochen Flinner von der FMG sagte. So sei der Bau von 600 Wohnungen auf eigenem Grund geplant. Die FMG sei aber nur eines von 500 Unternehmen auf dem Flughafengelände.

Dass nicht alle, die am Flughafen arbeiten, Großverdiener seien, daran erinnerte Volker Zinkernagel, Vorsitzender des Freisinger Mietervereins. Viele hätten ein recht niedriges Einkommen. Zahlen dazu lieferte Flinner. Im Durchschnitt verdienten die etwa 35 000 Beschäftigten am Flughafen 46 000 Euro. Auch Zinkernagel räumte ein, dass die in Freising beschlossene Mietpreisbremse nicht den gewünschten Erfolg gebracht habe. Umso dringender sei ein "qualifizierter Mietpreisspiegel", wie es ihn etwa in Erding oder Dachau gebe. Der sei zwar nicht billig, wie der Erdinger Gewerkschafter Willi Scheib einräumte. Erding etwa müsse dafür alle zwei Jahre 30 000 Euro aufwenden. Ein Mietspiegel gebe aber Auskunft über die "ortsüblichen Vergleichsmieten". Wie Freisings SPD-Ortsvorsitzender Markus Grill sagte, hat seine Partei im Stadtrat erneut einen Antrag auf Einführung eines Mietspiegels gestellt. Der werde auch von den Grünen unterstützt, versicherte Bönig. Grill glaubt indes, dass die Mehrheit im Stadtrat mit Wohnungen gut versorgt sei und das Problem deshalb nicht erkenne. Den Dachauer Mietspiegel zu verwenden, wie das teilweise die Gerichte machten, sei "ein Schmarrn". Dachau sei keine Studentenstadt und nicht so nah am Flughafen dran wie Freising. Die Politik sah Claudia Weber, stellvertretende Vorsitzende des Verdi-Bezirks München herausgefordert, die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern. Die von Finanzminister Wolfgang Schäuble verordnete Schuldenbremse bezeichnete sie als "Schwachsinn". "Was nützt es uns, wenn wir keine Schulden mehr haben, aber auch keine Wohnungen?". Als "groben politischen Fehler bezeichnete Weber den Verkauf der GBW-Wohnungen durch den Freistaat an Wohnungsspekulanten. "So etwas gehört verboten", sagte sie. Ein Mittel, um die Wohnungsnot zu lindern, ist in ihren Augen die Gründung und Förderung von Wohnungsbaugenossenschaften.

In der Diskussion wurde gerügt, dass viele große Wohnungen an Studenten vermietet würden. "Warum wird nicht mehr für Studenten gebaut?" fragte eine Frau. Eine andere klagte darüber, dass die WVG in den städtischen Sozialwohnungen nichts repariere. Gefordert wurde außerdem die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer, um damit Wohnungen zu bauen, sowie ein Verbot, staatlichen Grund und Wohnungen zu privatisieren.

© SZ vom 21.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: