Ausstellung im Schafhof:Allgegenwärtige Bedrohung

Lesezeit: 2 min

Hiba Alansari, Yaser Safi und Abdul Shaballout (von links) aus Syrien stellen im Schafhof aus. (Foto: Marco Einfeldt)

Drei syrische Künstler zeigen beeindruckende Werke ihrer Auseinandersetzung mit Krieg und Terror

Von Katharina Aurich, Freising

Drei renommierte syrische Künstler, die in deutschen Städten leben, arbeiten zurzeit zwei Monate lang in den Ateliers im Schafhof. Eike Berg, Leiter des Künstlerhauses, stellte die Kontakte über die Heinrich Böll-Stiftung her. Ihm ist zu verdanken, dass die drei einen Einblick in ihre künstlerische Auseinandersetzung mit Krieg, Verfolgung und Zerstörung, aber auch Schönheit und Alltag geben.

Für Abdul Shaballout und Hiba Alansari bedeutet die Zeit im Schafhof ein Wiedersehen. Die beiden hatten sich vor drei Jahren im Keller eines syrischen Gefängnisses in Damaskus kennengelernt, wo sie nach einer Demonstration fest gehalten wurden. Zum Glück kamen sie wieder frei, nachdem sie unterschreiben mussten, nicht mehr gegen Assad zu demonstrieren. Für die drei Künstler ist ihr Leben in eine Zeit "vor" und "nach" der Revolution 2011 geteilt, der Bruch ist in jedem Gespräch spürbar. Shaballout studierte wie auch Alansari und Yaser Safi Kunst, Malerei und Grafikdesign an der Kunsthochschule in Damaskus. Neun Jahre arbeitete der heute 42-Jährige als Grafikdesigner in Dubai, kehrte zurück nach Damaskus, von wo er in den Libanon floh. Da seine Ex-Frau bereits mit der gemeinsamen Tochter in Deutschland lebte, durfte er nachkommen. In Düren hat er inzwischen sein Atelier und dort bereits einige Ausstellungen bestritten.

Die Angst um seine Familie, die in Syrien zurück blieb, ist allgegenwärtig. Erst kürzlich wurde sein Haus zerbombt, Mutter und Geschwister seien bei den Nachbarn untergekommen, berichtet der Künstler. Er sei sehr glücklich, hier im Schafhof, an diesem friedlichen Ort, wo er in Ruhe arbeiten könne, und schätze die Chance, endlich europäische Kunst kennenzulernen, die sich erheblich von der arabischen unterscheide. Europäische Kunst sei viel weiter entwickelt, findet Shaballout. Als er zum ersten Mal im Louvre vor den alten und neuen Meistern gestanden habe, seien ihm Tränen gekommen. Er selbst malt meist realistisch, die Objekte auf seinen Ölbildern sehen aus wie fotografiert. Das knallige Blau und Orange einer Plastiktüte, aus deren Loch die Schale einer Orange lugt, das aktuelle Werk, das auf der Staffelei steht, könnte fast ein Foto sein. Shaballout will die Welt und Dinge so zeigen, wie sie sind.

Die 31-jährige Hiba Alansari, die in Damaskus ihren Bachelor in Kunst machte und nun in München studiert, wählt andere Ausdrucksmittel: mit Kollagen, Objekten oder Videos setzt sie ihre Botschaften um. In einem Zyklus verwendet sie Organe von Tieren, Hühnerhaut oder Schafsbeine und schafft Werke, die verstören, aber auch anziehen und polarisieren. Im vergangenen Jahr waren ihre Arbeiten in der Ausstellung "Despoten der Gegenwart" im Kulturzentrum Einstein in München zu sehen. Die junge Frau, die ihre Heimat aus Angst, getötet zu werden, verlassen hat, gibt dem Terror Gesichter. Vermummte Köpfe mit schwarzen Masken, mit Perlen und Pailletten bestickt, vermitteln das Grauen.

Auch für Yaser Safi sind der Terror und die Bedrohung in seinen Werken allgegenwärtig. 2010, ein Jahr vor der Revolution, wurde der in Syrien mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Künstler nach Leipzig eingeladen. Seine Werke wurden bereits in Berlin und Köln ausgestellt. In Öl und als Radierungen thematisiert Safi Menschen, Natur und Tiere. Scheinbar harmlose, kindliche Figuren bevölkern seine Bilder, doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich die Bedrohung. "I hate helicopters" betitelte er ein Bild. Vor der Revolution freuten sich syrische Kinder, wenn ein Hubschrauber oder ein Flugzeug am Himmel zu sehen war. Heute bringen Helikopter und Flugzeuge für Menschen in Syrien den Tod.

Am kommenden Sonntag, 8. Mai, öffnen die drei Künstler um 16 Uhr ihre Ateliers für Besucher und Gespräche.

© SZ vom 07.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: