Ausstellung für mehrere Sinne:Einheit von Bewegung und Klang

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Die Brüder André und Michel Décosterd präsentieren ihre spektakuläre Klangskulptur Cycloïd-E im Tonnengewölbe des Schafhofs. (Foto: Marco Einfeldt)

Im Schafhof sind ungewohnte Installationen zu sehen, die mit schwingenden Röhren und Kartoffeln Geräusche erzeugen

Von Katharina Aurich, Freising

Eine faszinierende Klangskulptur aus fünf glänzenden Aluminiumröhren, die in einem Durchmesser von zehn Metern durch den Raum pendeln und je nach Schnelligkeit Klänge erzeugen, erfüllt das Tonnengewölbe des Europäischen Künstlerhauses Schafhof. Die Röhren sind horizontal aneinander befestigt, jede ist mit einem Sensor und einem Lautsprecher ausgestattet. Die Unterste gibt, durch einen Motor angetrieben, Impulse, die sich anschließend auf die vier weiteren Röhren übertragen, so dass sie mit zufälligen Bewegungen durch den Raum schwingen. Welche Klänge dadurch entstehen, ist nicht vorhersehbar. Der Zuschauer und -hörer lauscht gespannt auf die nächste Geräuschfolge. Je schneller sich eine Röhre, in der sich ein Sensor und ein Lautsprecher befinden, bewegt, umso lauter die Klänge.

Diese Einheit von Bewegung und Klang, die miteinander korrelieren, ist hypnotisierend und schenkt den Besuchern ein ungewohntes, mehrere Sinne ansprechendes Erlebnis. Die spektakuläre Klangskulptur Cycloïd-E des Schweizer Künstlerduos und Brüderpaars André und Michel Décosterd war bereits auf der ganzen Welt zu sehen, berichtet Schafhofleiter Eike Berg. Bereits vor Jahren habe er Kontakt zu den Künstlern aufgenommen und sie überzeugt, nun zum Jahresthema "Sound" ihr hoch technisiertes, sensibles Klangobjekt in Freising zu zeigen. Die Akustik des Tonnengewölbes sei perfekt geeignet, dieses Objekt auszustellen.

Seit 18 Jahren arbeiteten sie bereits zusammen, erläuterte André Décosterd anlässlich der Vernissage am Freitag. Mit Cycloïd-E wollten sie eine Maschine bauen, die Töne erzeuge und sie gleichzeitig auch sichtbar mache. Die Brüderorientierten sich an dem Astrophysiker Johannes Kepler, der sich im 16. Jahrhundert eine Sphärenmusik der Planeten vorstellte, die sich verstärke, je schneller sich die Planeten bewegten. Für diese Sphärenklänge hat der Komponist Andre Décosterd am Computer Töne, die von Orchesterinstrumenten stammten, zerlegt und mit akustischen Elemente kombiniert, um harmonische Klänge zu erzeugen, die nun korreliert mit den Röhrenbewegungen erklingen.

Sein Bruder Michel, ausgebildeter Architekt, der in seinen eigenen Werkstätten auch Maschinen entwickelt, baute Cycloïd-E als Konstruktion aus hoch widerstandsfähigen Aluminiumröhren, deren Verbindungsstücke verschweißt sind. Die Rotationsachse besteht aus Stahl, leichtläufig ohne Widerstand drehen sich die Röhren über konische Walzenlager. Die Konzeption des Objekts sei sehr mechanisch, aber das sei nicht das Wichtige, sondern die akustisch differenzierten Klänge, die harmonisch und mit einer spannenden Dramaturgie das Tonnengewölbe erfüllten, schwärmte Eike Berg.

Im Erdgeschoss des Schafhofs ist eine Serie von Klangkunstinstallationen des belgischen Künstlers Steven Tevels zu sehen, zu hören und auszuprobieren. "Solanum tuberosum" heißt eine Installation, die mittels elektronischen Oszillatoren und Kartoffeln als Filter Klänge erzeugt, die durch einen Verstärker hörbar werden. Die Kartoffel diene Tevels als eine Art Filter, wenn sie langsam vertrockne, werde sich auch der Ton ändern.

Mit diesen Objekten wolle der Schafhof sein Jahresthema Sound in der Bildenden Kunst aus verschiedenen Perspektiven betrachten, erläuterte Berg. Die Kartoffel griff auch Anton Spitlbauer, Kulturreferent des Bezirks Oberbayern, in seiner Eröffnungsrede auf. Denn der Ursprung des Europäischen Künstlerhauses sei ja die Landwirtschaft, hier seien einstmals Schafe gezüchtet worden. Aus Kartoffeln nun einen Sound zu erzeugen sei ein erstaunlicher künstlerischer Ansatz, sagte Spitlbauer.

© SZ vom 28.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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