Appell an die Gläubigen:Kulturelle Vielfalt ist bereichernd

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Kardinal Marx erinnert in seiner Predigt zum Korbiniansfest, dass der Heilige viele Länder durchwanderte. Das Fürstbistum Freising war mit vielen Regionen Europas verbunden und steht mit diesen noch heute in Kontakt

Von Katharina Aurich, Freising

Das Korbiniansfest, vor allem die Messe am Samstag, während der Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising predigte, zog viele Menschen auf den Domberg. Dicht gedrängt saßen und standen die Gläubigen im Mariendom. Aber dieses Mal war diese Messe mehr als nur eine Feier zu Ehren des Heiligen Korbinians, dem Patron des Erzbistums, der in Arpajon südlich von Paris geboren wurde, in Freising lebte, nach Rom pilgerte und in Südtirol starb. Sondern viele Gläubige erhofften sich Antworten auf die drängenden Fragen, die sich nach den Terroranschlägen in Paris wohl überall in Europa stellen.

"Was können wir tun?", begann der Kardinal seine Predigt. Gewalt als Antwort auf den Terror sei keine Lösung, rief er den Gläubigen zu. Das Christentum in Europa sei kein Programm der Abwehr, der Mauern und Zitadellen, mahnte der Kardinal. Die Gläubigen sollten in die Tiefe des Glaubens gehen und aus dem Evangelium Kraft schöpfen, lautete sein Rat. Der christliche Glaube sei die "Signatur Europas", er präge die Kultur und politischen Ansichten. Die Deutschen sollten aber die Schattenseiten ihrer eigenen Geschichte nicht vergessen, denn im Zweiten Weltkrieg führte Deutschland einen Vernichtungskrieg, besonders gegen sein Nachbarland Polen.

Sabine Kroiß (links) erläutert Zuhörern anhand einer Rubens-Kopie aus dem Jahr 1610, wie sie Bilder restauriert. (Foto: Marco Einfeldt)

20 Jahre nach Kriegsende luden polnische Bischöfe deutsche kirchliche Würdenträger ein und gewährten Vergebung, erinnerte der Kardinal. "Wir gewähren Vergebung und bitten um Vergebung", dies sei ein wesentliches Element christlichen Glaubens. Die Kirche sei keine Politikerin, betonte Marx, gebe jedoch Orientierung. Die Solidarität aller Menschen sei wichtig, dafür gebe der Heilige Korbinian, der schon vor so langer Zeit in verschiedenen Ländern zu Hause gewesen sei, ein gutes Beispiel. Das Bistum Freising sei im Laufe seiner Geschichte mit Städten und Dörfern in Österreich, Slowenien und Südtirol verbunden gewesen. Bis heute bestünden lebendige Kontakte zu diesen Orten. In der Kunst und Geschichte des Dombergs zeige sich, wie bereichernd der Austausch mit Menschen unterschiedlicher Herkunft sein könne, so Marx.

Besonders die kulinarische Vielfalt präsentierten die Stände auf dem Domhof, an denen sich die Menschen nach der Messe trafen. Der "Speckbauer" verkaufte seine Schinken neben einem Stand mit warmen Socken und Handschuhen aus Schafwolle. Gegenüber boten Landwirte aus der Partnergemeinde Innichen (Südtirol) salziges und süßes Gebäck an. Während es am Freitag in Strömen geregnet hatte, waren die Gäste aus Skofja Loka (Slowenien), aus der Wachau (Österreich) und aus Verona (Italien) froh, dass am Samstag die Sonne ein wenig schien und ihre Süßigkeiten, Gebäck und vor allem ihre Weine die Besucher des Korbinianfestes stärkten. Besonders das Mandelgebäck aus Verona, das in bunten Variationen angeboten wurde, verführte zum Probieren.

Auch die Weinbauern vom "Freisingerhof", einem landwirtschaftlichen Betrieb in der Wachau, präsentierten Riesling, Blauen Zweigelt und Grünen Veltliner. Der Hof wurde erstmals 972 erwähnt und war bis 1803 Wirtschafts- und Lesehof des Bistums Freising. Der Freisinger Bischof sei im 16. Jahrhundert der größte Weingartenbesitzer in der Wachau gewesen, belegen alte Aufzeichnungen. Nach der Säkularisation erwarb die Familie Leitner Teile des Hofs und bringt ihre vollmundigen Weine auf den Domberg.

Das Korbiniansfest war nicht nur ein großes Treffen der Gläubigen und der Freunde aus Italien, Slowenien und Österreich, sondern auch ein Fest für Familien und Kinder. Das Stabpuppenspiel in der Johanniskirche erzählte aus dem Leben des Heiligen Korbinians, der mit einem Bären über die Alpen zog. Wie fühlt es sich an, ein Stuckrelief zu formen und wie schreibt es sich mit einer Feder? Um diese Kunstfertigkeiten auszuprobieren, öffneten die alte Domschule und das Diözesanmuseum ihre Türen für Groß und Klein.

© SZ vom 23.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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