Anwalt hat nicht alle Akten:Lückenhafte Unterlagen

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Probleme im Prozess gegen mutmaßlichen Kupferdieb

Von Peter Becker, Landshut/Freising

Der "Fluch der Technik" lastet auf dem Verfahren gegen ein 27-jähriges mutmaßliches Mitglied der sogenannten Kupferbrigade. So jedenfalls umschreibt Vorsitzender Richter Ralph Reiter am Landshuter Landgericht den Umstand, dass Verteidiger Leonhard Mühlenfeld nicht dieselben Unterlagen hat wie die Strafkammer und die Staatsanwaltschaft. Das liegt daran, dass für den Rechtsanwalt, der in Krefeld lebt, zwar Akten gescannt und ihm mittels CD zugänglich gemacht wurden, dies aber offenbar nur lückenhaft. Immer wieder tauchten während der Verhandlung Diskrepanzen zwischen den Unterlagen auf.

Ein Urteil könnte am kommenden Freitag fallen. Im Eilverfahren sollen Akten von Fällen gescannt werden, bei denen der Beschuldigte nachweislich dabei war. Diese werden dem Rechtsanwalt wiederum per CD übermittelt. Eine Alternative wäre gewesen, den Anwalt mit zwei Kartons voller Ordner zu seinem Flugzeug nach Düsseldorf zu schicken. Am Freitagmittag haben sich die Verfahrensbeteiligten auf den Kompromiss geeinigt, nur die Akten zu übermitteln, die für das Urteil relevant sind. Einige Anklagepunkte sollen wegfallen, weil sie bei der Zumessung der Strafe nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Zu drei Fällen legt der Angeklagte möglicherweise über seinen Verteidiger ein Geständnis ab. Diesem geht es darum, dass das Urteil nicht härter ausfällt als gegen zwei mutmaßliche Komplizen, die das Erdinger Schöffengericht bereits verurteilt hat. Sie haben Haftstrafen zwischen zwei und drei Jahren und drei Monaten bekommen. Beide waren als Zeugen geladen, machten aber keine Angaben. Sie wüssten gar nicht, warum sie verurteilt worden seien, behaupteten sie. Beide sind in Berufung gegen ihre Urteile gegangen. "Ohne meinen Anwalt sag ich nichts", ließ ein weiterer Zeuge über die Dolmetscherin ausrichten. Er wartet noch auf seine Verhandlung. Ein Strafmaß von drei Jahren und fünf Monaten sei für ihn die Schmerzgrenze für seinen Mandanten, sagte der Verteidiger. Die Staatsanwaltschaft hatte bei einem vollen Geständnis drei Jahre und neun Monate als Obergrenze in Aussicht gestellt.

Ein weiterer Zeuge blickt ebenfalls seinem Urteil entgegen. Er berichtete, dass er nach Deutschland gekommen sei, um hier zu arbeiten. Dies scheiterte an seinen mangelhaften Deutschkenntnissen. Zunächst verlegte er sich aufs Betteln. Weil er aber Schulden in Rumänien hatte, ließ er sich dazu überreden, bei den Kupferdiebstählen in Süddeutschland, darunter auch in Freising, als Fahrer mitzuwirken. Er sagte, er habe mit dem Angeklagten nicht so viel zu tun gehabt.

© SZ vom 13.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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