Am Hofmiller-Gymnasium:Politik als Rollenspiel

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Benno Zierer (hinten links) und Florian Herrmann (rechts) haben genau beobachtet, was ihre jugendlichen Pendants da gespielt haben. (Foto: Marco Einfeldt)

Schüler simulieren eine Landtagsdebatte und müssen auch den Hopfenbauern aus Dingolfing verstehen

Von Ronja Schamberger, Freising

"Ich glaube, dass die CSU Fraktionszwang verhängen wird", hört man an diesem Vormittag im Josef Hofmiller- Gymnasium. Oder: "Das wird wie der politische Aschermittwoch." Die Schüler haben sich schick gemacht. Jungs tragen Hemden, Mädchen Blazer und Bluse. Auf der Brust tragen die Schüler Namensschilder, in der Hand haben sie farbige Mappen. Jeweils passend zur Farbe der Landtagsfraktion, die sie vertreten. Denn sie sind Teil eines Politik-Planspiels, in dem sie die Abläufe des bayrischen Landtages nachspielen und selbst die Abgeordneten der Fraktionen verkörpern.

Politik hautnah erleben, das ist das Ziel des Planspiels, das am Freitag am Joho stattgefunden hat. Organisator ist Joho Lehrer Andreas Reiner, Betreuer des Projektseminars "Planspiel Parlamentarische Debatte", in dem 16 Schüler der elften Klassen eine Simulation einer Bundestagssitzung für die zehnten Klassen im Mai organisieren. "Das Landtagsplanspiel ist für die Schüler sozusagen ein Vorlauf für die eigene Politiksimulation im Mai", so Reiner. Professionell geleitet wird es von Mitarbeitern des Centrums für angewandte Politikforschung (CAP), die den Teilnehmenden die Abläufe im bayrischen Landtag näher bringen, aber auch Anleitung und Tipps für das eigene Planspiel geben können. Die Erfahrung soll dabei möglichst glaubwürdig sein. "Wir spielen Landtag mit echten Mehrheitsverhältnissen. Die Schüler werden, wenn möglich, gesiezt und werden den einzelnen Fraktionen zugelost", sagt Dan Sharell, einer der CAP-Teamer des Planspiels. Nicht ganz einfach ist es da für die Schüler, die ihnen zugewiesene Rolle, zum Beispiel die eines 54-jährigen Hopfenbauers aus Dingolfing, der für die SPD im Landtag sitzt, konsequent durchzuhalten. "Aber es macht großen Spaß", sagt Sebastian Rieger. Man erlebe im eigenen Spiel, welche Hürden es in der Politik gebe. Die Mehrheitsverhältnisse sind bei den 27 Teilnehmenden klar: sechs SPD-Abgeordnete, je drei für Freie Wähler und Bündnis 90/Die Grünen und 15 Abgeordnete für die CSU. "Die CSU mit ihrer absoluten Mehrheit kann sich über fast alles hinwegsetzen. Das ist schon extrem", stellen Rieger und seine Mitschüler in ihrer SPD-Fraktionssitzung fest. Die Schüler wirken begeistert und engagieren sich für die Positionen "ihrer" Partei. "Ich interessiere mich für Politik und diskutiere gerne, da war es gar nicht schwer, sich in die Rolle reinzufinden", sagt Tobi Weiskopf.

Die Elftklässler unterhalten sich auch über den Fraktionszwang und aktuelle Themen wie die dritte Startbahn. Als dann auch noch zwei echte Landtagsabgeordnete zur Abschlussplenarsitzung dazustoßen, werden durchaus kritische Fragen gestellt. Benno Zierer (Freie Wähler) und Florian Herrmann (CSU) liefern Antworten aus erster Hand und bringen den Schülern so den Politikeralltag näher.

Auf die Frage, wer sich vorstellen könne, später einmal in die Politik zu gehen, strecken nur drei der insgesamt 27 Schüler zaghaft den Arm nach oben. Es scheint, als bräuchte es vielleicht noch einige dieser Planspiele, um Jugendliche von einer Politikerlaufbahn zu überzeugen.

© SZ vom 18.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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