Altpapiercontainer :Selbst verschuldetes Minus

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Der Landkreis baut die Altpapiercontainer ab, weil er 2002 eine folgenschwere Entscheidung getroffen hat: Er hat das Geschäft mit dem Wertstoff einem privaten Anbieter überlassen

Von Alexandra Vettori, Freising

Der Landkreis Freising dünnt sein Altpapiercontainer-Netz stärker als angenommen aus. Von den landkreisweit 140 Standorten sollen überhaupt nur 15 bleiben. Die Sammelstellen in den Wertstoffhöfen der 24 Kommunen gibt es zwar weiterhin, doch die Straßencontainer wird man in kleineren Orten von 2016 an vergeblich suchen. In Freising, Moosburg, Neufahrn, Eching und Hallbergmoos werden zumindest die best frequentierten Container beibehalten.

Mit dem Rückzug aus der wohnungsnahen Sammlung von Altpapier reagiert der Landkreis auf das Minusgeschäft der vergangenen Jahre. 2013 verdiente er 290 000 Euro aus dem Verkauf des Altpapiers, die Kosten für die Entsorgung lagen aber bei 358 000 Euro, im Jahr davor standen einem Erlös von gut 300 000 Euro Aufwendungen von 394 700 Euro gegenüber. Als Grund für die Miesen nennt das Landratsamt rückläufige Sammelmengen und sinkende Altpapierpreise. Doch die Marktpreise sind derzeit stabil - und dass immer weniger Papier in den öffentlichen Containern landet, das hat sich der Kreistag selbst zuzuschreiben.

Kein Zweifel, die Goldgräberzeiten der 2000er-Jahre sind auch in der Altpapierbranche vorbei. Bis zu 100 Euro pro Tonne sind bis zur Wirtschaftskrise 2008 auf dem heiß umkämpften Weltmarkt gezahlt worden. In der Folge stiegen immer mehr Privatfirmen ins Altpapiergeschäft ein. Teils zogen sich die Kommunen bei der Sammlung zurück, teils behielten sie den Kuchen für sich und gingen sogar vor Gericht, wie im Vorjahr der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen, um die privaten Konkurrenten mit den Papiertonnen aus dem Feld zu schlagen. Medien sprachen vom Altpapierkrieg. Auch die Stadt München nahm die Papierentsorgung selbst in die Hand, ebenso der Landkreis Landshut, der eine Senkung der Müllgebühren vor zwei Jahren unter anderem mit den Verkaufserlösen aus Altpapier begründete.

Der Freisinger Kreistag dagegen entschied sich 2002 mit hauchdünner Mehrheit gegen eine Papiertonne in öffentlicher Hand - gegen den Vorschlag der Verwaltung und des damaligen Landrats Manfred Pointner. Der Grund: Man wollte den Bürgern keine weitere Tonne zumuten, zudem scheute man den Kauf der Papiertonnen. Gleichzeitig bot die Moosburger Entsorgungsfirma Heinz, mit der der Landkreis bei der Bio- und Restmüllentsorgung sowie der Leerung der Altpapiercontainer zusammenarbeitet, die ersten Papiertonnen im Landkreis an - in eigener Regie.

Mittlerweile entscheiden sich immer mehr Privathaushalte dafür, wird diese Tonne doch einmal im Monat kostenlos abgeholt. Wie hoch der Anschlussgrad derzeit ist, ist nicht klar. Jüngst im Kreistag war von 60 Prozent der Haushalte die Rede, ein Mitarbeiter der Firma Heinz betonte im Gespräch mit der SZ jedoch, das sei schwer zu beziffern, weil manche Haushalte auch über zwei oder mehr Tonnen verfügten. Fakt ist: der Rückgang der öffentlichen Altpapiermenge im Landkreis von 8400 Tonnen vor zehn Jahren auf 5400 im Jahr 2013 ist vor allem auf die Papiertonne zurückzuführen. Die privaten Sammlungen von Vereinen und Kirchen sind nicht der Grund, sie gibt es schon lange und auch sie werden seltener - weil die Sammelmengen sinken. Diese Entwicklung dürfte sich verstärken, wenn nächstes Jahr fast nur noch auf den Wertstoffhöfen Altpapiercontainer stehen.

Als der Kreistag im vorigen Herbst nicht öffentlich den Abbau der Container beschloss, waren nicht alle begeistert. Grünen-Kreisrat Michael Stanglmaier beispielsweise sagte auf Nachfrage: "Ich bin mit der Entwicklung nicht glücklich: Die Kosten für die Abholung des Altpapiers von Wertstoffhöfen und verbleibenden Containern bleiben, bei weniger Einnahmen." Der Altpapierpreis dürfte bei alledem jedenfalls die geringste Rolle spielen.

Wie hoch der ist, dazu ist bei Heinz nichts zu erfahren, "Geschäftsgeheimnis, weil Kalkulationsgrundlage" heißt es. Die Münchner Firma Rohprog, die Adresse für Altpapierentsorgung und Recycling in der Region München, ist da offener. Vertriebsleiter Stefan Kuchta zitiert zumindest die Preise, die der Brancheninformationsdienst Euwid listet. Sie liegen, je nach Menge, zwischen 22 und 63 Euro. "Das sind aber nur Annäherungswerte, tatsächlich ist der Preis höher", sagt Kuchta. Was die Entwicklung anbelange, beobachte man seit eineinhalb Jahren eine Stagnation, von einem Verfall könne keine Rede sein.

© SZ vom 11.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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