Kommentar:Es bleibt nur  noch wenig Zeit

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Die Alten kommen und irgendjemand muss sich um sie kümmern

Von Christian Gschwendtner

Auf den hohen Stellenwert der Altenpflege sind schon viele Loblieder gesungen worden. Eine Stütze der Gesellschaft, heißt es dann immer, oder im Umgang mit den Alten und Kranken leistet jede Gemeinschaft ihren Offenbarungseid. Alles richtig. Wer möchte da schon widersprechen? Eher unpässlich ist es nur, dass das Thema schon wieder aus den Köpfen der meisten verschwunden ist, ehe die Melodien der Sonntagsreden überhaupt erst verklungen sind. Pflegebedürftigkeit ist ein spröder Begriff, die Materie ist komplex. Und außerdem gilt: Ist man gesund, dann plagen einen andere Sorgen. Ist man krank, dann bleibt meistens keine Zeit zum Nachdenken.

Die Stadt Freising und der Landkreis wären aber gut damit beraten genau das zu tun. Noch ist es zu früh, den Pflegenotstand auszurufen. Die Frage wohin mit Oma und Opa stellt sich aber für immer mehr Menschen in immer schärferer Form. Nach den Prognosen des Bayerischen Landesamtes für Statistik wird der Anteil der über 75-Jährigen im Landkreis Freising bis 2032 um mehr als 65 Prozent steigen. Allein im vergangenen Jahr sind in Moosburg, Neufahrn, Eching, Hallbergmoos und Freising 884 Pflegegutachten zur Feststellung einer Pflegebedürftigkeit durchgeführt worden. Die große Mehrheit davon mit positiver Diagnose.

Derzeit werden im ländlichen Raum noch viele Senioren von ihren Angehörigen gepflegt. Die sind jedoch zunehmend mit der Aufgabe überfordert. Das zeigt der Umstand, dass Pflegerinnen aus Osteuropa auch in Freising und Umgebung immer mehr zum Massenphänomen werden.

Ambulante Pflegedienste könnten in die Bresche springen. Für viele Hilfsbedürftige würde sich dadurch auch der Wunsch erfüllen, solange es irgendwie geht, in vertrauter Umgebung zu leben. Gelingen kann das aber nur, wenn endlich mit Stereotypen über den Altenpflegerberuf aufgeräumt wird. Hier sind Schulen und öffentliche Einrichtungen ganz besonders gefordert. Sonst wird aus den leisen Alarmsignalen bald ein schriller Dauerton.

© SZ vom 23.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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