Fotoband:Münchner Fasching? Phantastisch!

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Mit seinem Fotoband "Traumtag" macht der Münchner Fotograf Rigobert Fischer eine Liebeserklärung an das Narrentreiben auf dem Viktualienmarkt.

Wolfgang Görl

Der Ruf des Münchner Faschings hat zuletzt stark gelitten, da und dort wurden sogar Stimmen laut, denen zufolge die Einheimischen, anders als früher, für das närrische Treiben ungeeignet seien. Völlig unerwartet, ja geradezu gegen den Trend, ist soeben ein Bildband erschienen, der nichts anderes ist als eine Liebeserklärung an das Faschingstreiben auf dem Viktualienmarkt.

Der Münchner Fotograf Rigobert Fischer lässt mit seinen Bildern aus zwei Jahrzehnten ein poetisches Idealbild des Münchner Faschings entstehen. (Foto: Foto: Rigobert Fischer)

Der Münchner Fotograf Rigobert Fischer hat das Werk vollbracht - und was soll man sagen? Es ist ein kleines Kunstwerk geworden, das den Münchner Fasching ins Phantastische entrückt und vergessen lässt, dass sich die meisten der hiesigen Narren für ausreichend maskiert halten, wenn sie eine Pappnase und ein Ringelhemd tragen.

"Traumtag" heißt das Bilderbuch, in dem Fischer, wie er selbst sagt, "fast ein Idealbild des Faschings" zeichnet. Um diese Fülle an originellen Masken zusammenzutragen, hat Rigobert Fischer gut zwei Jahrzehnte gebraucht. Jahr für Jahr hat er am Faschingsdienstag mit der Kamera den Tanz der Marktfrauen besucht, hat miterlebt, wie es zwischen den Standln immer enger und ungemütlicher wurde, wie aus dem Spektakel zunehmend ein Großevent mit Extrembeschallung aus allen Rohren wurde - und wie es ihn doch in Bann hielt. "Man spürt, dass hier jeder seinen individuellen Fasching gestaltet", sagt er. "Man trifft sich einfach, um zu feiern und die Lust an Verkleidung, Tanz und Theaterspielen auszuleben."

Ein poetisches Idealbild des Münchner Faschings

Fischer stammt aus Kufstein, er ist gelernter Schriftsetzer und lebt seit rund 40 Jahren in München. Er hat hier als Grafiker in der Werbeabteilung einer Versicherung gearbeitet, mittlerweile ist der 63-Jährige in Rente. Die Fotografie freilich ist seine große Leidenschaft, schon als Kind hat er damit angefangen. Als er dann nach München zog, entdeckte er ein neues Motivfeld für seine Kunst: die städtischen Feste und Lustbarkeiten. Bei jeder Dult ist er mit der Fotokamera dabei, er lichtet die Tänzerinnen und Tänzer auf dem Kocherlball ab, und selbstverständlich ist auch das Oktoberfest sein Revier bei der Jagd nach Bildern. "Mich fasziniert, wie die Münchner ihre Feste zelebrieren, die barocke Lebensfreude, die Kombination aus Brauchtum und Lebensart."

Mit den besten Fotos vom Tanz der Marktfrauen hat er nun sein erstes Buch illustriert. Fischer hat alles selber gemacht: die Gestaltung, die Bearbeitung der Bilder, die Typo, die Texte. Manchmal ist er beim Fotografieren mit den Leuten ins Gespräch gekommen, und wenn er ihnen später ein Bild als Andenken schickte, hat er ein Gedicht hinzugefügt. Einige dieser Gedichte finden sich im Buch wieder. Überhaupt geht es ihm mehr ums Poetische als um das Abbilden der platten Realität. "Als Fotograf versuche ich, Augenblicke einer traumhaften Begegnung darzustellen. Im Vordergrund steht für mich der Blick auf das Gesicht als Spiegel unserer Träume."

Welche Träume spiegeln sich in den Masken der Menschen? Träumt der Mann im Piratenlook vom wilden Leben auf dem Meer? Sehnt sich die Frau im Teufelskostüm nach der Sünde? Und was bewegt den Herrn, der sich als Dame verkleidet? Fischer hat die Einzelporträts zu Paaren vereint, im Buch stehen sich oft Menschen gegenüber, die in Wirklichkeit nie zusammenstanden.

Was sie vereint, ist die Lust am Verkleiden, der Wunsch, für ein paar Stunden ein anderer zu sein. Fischers Fotos zeigen, dass es noch Münchner gibt, die zu einer phantasievollen Maskerade imstande sind. Nur sind es nicht allzu viele. Wer erwartet, am Faschingsdienstag auf dem Viktualienmarkt denselben Zauber zu finden, der in Fischers Bilderwelt waltet, dürfte enttäuscht werden. Die Ringelhemden sind nach wie vor in der Mehrheit.

Rigobert Fischer, Traumtag. Fasching am Münchner Viktualienmarkt. 39.50 Euro. Buchbestellungen nur beim Autor, Telefon 089/2013568.

© SZ vom 23.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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