Flughafenlinie:Express-S-Bahn lässt auf sich warten

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Fehlender Lärmschutz und überlastete Bahnübergänge: Die Stadt lehnt die provisorische Flughafenlinie mit 30-minütiger Fahrzeit ab.

D. Hutter

Die als kurzfristige Übergangslösung diskutierte "Express-S-Bahn light" zum Flughafen birgt nach Einschätzung des Planungsreferats "nicht zu unterschätzende Risiken". Neben der Gefahr, dass das Provisorium zur Dauerlösung wird, seien weder beim Lärmschutz noch bei den heillos überlasteten Bahnübergängen befriedigende Lösungen in Sicht. Aus heutiger Sicht sei das Projekt daher abzulehnen.

Bitte warten: Die Schranken in der Feldmochinger Straße sind bei Autofahrern berüchtigt, weil sie so oft geschlossen sind. (Foto: Foto: Rumpf)

"Humpel-Express" taufte der frühere Verkehrsminister Otto Wiesheu (CSU) die provisorische Expressverbindung, die eigentlich schon 2004 auf der Trasse der S1 zwischen Hauptbahnhof und Flughafen eingerichtet werden sollte. Fahrtzeit: 30Minuten, zwei Zwischenstopps. Passiert ist bis heute nichts, obwohl die Gleiskapazität ausreichen würde, die zusätzlichen Züge unterzubringen. Die Schwierigkeiten liegen an anderer Stelle, und sie sind, wie das Planungsreferat betont, gewichtig.

Problem Nummer eins sind die beschrankten Bahnübergänge in der Fasanerie und in Feldmoching. Sie gelten schon jetzt als Autobremse ersten Ranges, die Wartezeit vor den rot-weißen Barrieren ist im gesamten Münchner Norden berüchtigt. Rund 240Züge passieren täglich die Strecke, nach der Realisierung des Light-Expresses stiege die Belastung auf 360.

In der Folge wären die Schranken laut MVV-Berechnung 45 von 60Minuten geschlossen - eine fatale Perspektive für den Straßenverkehr. Zwar untersucht die Stadt derzeit eine Lösung für den Übergang Feldmochinger Straße. Die Experten des Planungsreferats halten eine kurzfristige Lösung für "unwahrscheinlich". Beim "Humpel-Express" steht allerdings der Faktor Zeit im Vordergrund.

Zweites Problem: der Lärmschutz, den die städtischen Planer für unbedingt verbesserungsbedürftig halten. Rein rechtlich hätten die Anwohner jedoch bei einer bloßen Ausweitung des Zugverkehrs keinen Anspruch darauf, und im freiwilligen Lärmsanierungsprogramm des Bundes taucht die S1-Strecke nur mit geringer Priorität auf. Dazu kommen die "erfahrungsgemäß langwierigen Vorbereitungen und Genehmigungen" beim Lärmschutz. Schon wieder eine Hürde also, die alles verlangsamt.

Dringend vermeiden will Stadtbaurätin Elisabeth Merk auch, dass sich das S1-Provisorium verfestigt - was jedoch nicht unwahrscheinlich wäre angesichts des vermutlich jahrelangen Vorlaufs für eine Dauerlösung. Die Stadt setzt aber bei den langfristigen Varianten weiterhin auf den "M-Express" entlang der S8-Trasse.

Das Thema steht am Mittwoch auf der Tagesordnung des Planungsausschusses, zudem findet am Donnerstagabend eine Einwohnerversammlung zur Express-S-Bahn light statt (19Uhr in der Hauptschule an der Toni-Pfülf-Straße). Die betroffenen Anwohner gehen, unterstützt von den CSU-Politikern Johannes Singhammer und Joachim Unterländer, auf die Barrikaden, um den "Humpel-Express" zu verhindern.

Bayerns Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) hat bereits versichert, dass nichts über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden werden soll. Ein Konfrontationskurs habe sich schon beim Transrapid nicht bewährt. Auch im Ministerium ist inzwischen von erheblichen Schwierigkeiten bei den Planungen für den Light-Express die Rede.

Das Planungsreferat empfiehlt nun dem Stadtrat, erst einmal abzuwarten, bis die Untersuchungen abgeschlossen sind. Derzeit seien aber für den Express "die Voraussetzungen nicht gegeben". Die Stadträte Claudia Tausend (SPD) und Paul Bickelbacher (Grüne) haben angekündigt, dass ihre Fraktionen diese Haltung mittragen werden. Bickelbacher vermisst allerdings den etwas großräumigeren Blick auf die Münchner Verkehrsprobleme. Man dürfe nicht allein den Flughafen im Auge haben.

© SZ vom 03.03.2009/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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