Feuerwehr-Einsatz:Jagd nach dem Phantom-Gestank

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Mit einem Spektrometer untersucht die Feuerwehr den Mief. (Foto: Frank Leonhardt/dpa)

Ein übler Mief wabert in der Nacht zum Dienstag stundenlang durch die Stadt. Woher er kommt? Ein Mysterium

Von Martin Bernstein, München

"Nach faulen Eiern hat es gestunken . . . und ein bisschen nach Hallenbad", erzählt die junge Frau, die zwischen Petuelring und Olympiapark wohnt. So wie sie erlebten es in der Nacht zum Dienstag viele Münchner: Ihre Stadt stank erbärmlich. Manche berichteten, dass ihnen regelrecht übel wurde. Woher der Gestank kam? Hervorgekrochen aus einem Kanal, glaubten manche. Herbeigeweht aus der Ferne, spekulierten andere. Die junge Frau aus Schwabing berichtet, nach vorne, zur Straße hin, habe es schlimmer gestunken als auf der Hofseite des Hauses.

Nun gibt es in München ja diverse Messstellen, die Schadstoffe in der Luft aufzeichnen: in der Lothstraße, in Allach, am Stachus, an der Landshuter Allee, an der Prinzregentenstraße, in Moosach und Johanneskirchen. Feinstaub wird gemessen, Kohlenmonoxid, Ozon, Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid . . . "Wir können dazu nichts sagen", muss Martina Weinzierl passen, die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit im städtischen Umwelt- und Gesundheitsreferat. Weil der Gestank keine Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit gehabt und einfach nur gestunken habe? Ja, genau.

Die Münchner Feuerwehr war trotzdem draußen. Gleich nach den ersten von insgesamt 54 Anrufen besorgter Bürger schickte die integrierte Leitstelle gegen 22 Uhr die Experten der analytischen Task-Force los. Diese Fachleute, unter ihnen auch Chemiker, sind mit ihrem Laborfahrzeug in der Feuerwache 2 in Sendling stationiert. Sie machten sich auf nach Schwabing. Dort stank es wie fast überall in der Stadt - nur Riem im Osten und Pasing im Westen blieben offenbar verschont.

"Wir haben alles gemessen, was man messen kann", sagt Feuerwehrsprecher Christoph Höckh. Das Problem: Es gab nichts zu messen. Keine Ergebnisse. Es stank nur, nach faulen Eiern, wie viele Anrufer berichtet hatten. Eine halbe Stunde nach Mitternacht gab die Berufsfeuerwehr dann Entwarnung: "Die im Stadtgebiet durchgeführten Messungen verliefen alle negativ. Für die Bevölkerung besteht nach wie vor keine Gefahr. Es handelt sich ausschließlich um eine Geruchsbelästigung, die bereits wieder nachlässt."

Die Stadtwerke waren ebenfalls an dem Einsatz beteiligt. Auch bei ihnen hatten - ebenso wie im Polizeipräsidium - viele besorgte Münchner angerufen. Mit dem Gasmesswagen prüften die Techniker, ob der Geruch von einem Erdgasleck stammen konnte. Obwohl das recht unwahrscheinlich war: Der Duftstoff, der dem eigentlich geruchlosen Erdgas beigemischt ist, stinkt laut Stadtwerke-Sprecher Christian Miehling eher penetrant nach Knoblauch.

Und der Verdacht mit dem Kanal? Dem ging die Stadtentwässerung nach, "schon aus ureigenstem Interesse", wie Sprecher Roland Groß sagt. Schließlich könnte ja irgendwer etwas in die Kanalisation geleitet haben, was dort nicht hingehört. "Das mögen wir nicht", sagt Groß, "das könnte unsere Mannschaften gefährden." Doch auch die rund um die Uhr einsatzbereite Kanalwache fand nichts.

Ende Januar 2012 war die Münchner Berufsfeuerwehr schon einmal dem Phantom-Gestank hinterhergejagt. Auch damals ohne Erfolg.

© SZ vom 08.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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